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Ein Fischerboot auf Landurlaub

Jaffa – ein Hafen voller Geschichten

Jaffa ist ein tolles Ausflugsziel. Die uralte Hafenstadt bietet etwas für jeden Geschmack. Spazieren an der Küste, stöbern auf dem Flohmarkt, schlendern durch den Hafen oder schlemmen orientalischer Köstlichkeiten. Eine Zeitreise durch Jaffa von antiken Helden bis in die Gegenwart.
Inhalt

Jonas, der Wal und der Hafen von Jaffa

Ich muss nach Jaffa. Ich habe gelesen, dass der mythische Held Perseus dort war. Er musste die schöne Andromeda vor einem fiesen Seeungeheuer retten. Das ist für mich Motivation genug, nach Jaffa zu wandern.

Aber es gibt noch viel bessere Gründe! Jaffa besitzt einen der ältesten Häfen der Welt. Jonas hat sich hier zu seiner Bootsfahrt aufgemacht, die bekanntlich zwischen den Kiemen eines Walfischs endete. Richard Löwenherz ist mit seinen Kreuzrittern auch schon in Jaffa gewesen. Die Jaffa Orange, der fruchtige Vitaminspender meiner glücklichen Kindheit, wächst immer noch hier. Ich muss nach Jaffa. Es führt kein Weg daran vorbei.

Der Tag ist nicht ganz glücklich gewählt. Der Himmel ist von Wolken verhangen. Sie türmen sich – wie so oft am Meer – zu riesigen weißen Gebirgen in den strahlend blauen Himmel herauf. Es wird regnen. Ich bin ganz sicher. Und so kommt es dann auch. Im Tagesverlauf ziehe ich immer wieder die Regenjacke über oder springe in kleine Cafés, um mich vor Regen wie aus Gießkannen zu schützen. Das macht aber nichts, denn nach den heftigen Schauern ist es sofort wieder trocken und warm.

Jonas Walfisch eine Bronzeskulptur in Jaffa.
Auf dem Weg nach Old Town. Jonas gestrandeter Walfisch
Auf dem Weg nach Jaffa, Parkhaus am Tomer Square in Tel Aviv.
Brutalismus am Tomer Square

Tel Aviv – Jaffa, neu und alt

Tel Aviv – Jaffa, das ist eine große Doppel-Stadt. Über 400.000 Einwohner. Die zweitgrößte Stadt Israels nach Jerusalem. Tel Aviv ist die moderne Stadt. Gut 100 Jahre alt. Eine Stadt als gebaute Utopie. Ein optimistischer Gegenentwurf des 20. Jahrhunderts zu den Ghettos Europas. Jaffa dagegen ist die Stadt mit einer langer Geschichte. Viele tausend Jahre alt.

Irgendwo hinter dem Tomer Square beginnt die Moderne mit der Antike zu verwachsen. Ich betrete ein architektonisches Nowhere. Vor der Kulisse des fantastischen Mittelmeeres verzahnen sich Glaspaläste, Postmoderne, Parkplatzbrachen, Schnellstraßen, Abbruchhäuser und gigantische Brutalismus Türme, die ihre besten Zeiten hinter sich haben. In der Ferne erhebt sich auf einem Hügel: Jaffa.

Kurz bevor ich die alte Stadt betrete, drehe ich mich noch einmal um und schaue Richtung Tel Aviv. Ich sehe ein tolle Skyline: prächtige moderne Hochhäuser am Strand. Endlich sieht Tel Aviv so aus wie eine Hochglanzmetropole. So wie ich Tel Aviv aus dem Fernsehen kenne. Ein überraschend neuer, ganz anderer Eindruck als während der letzten Tage.

Auf dem Weg nach Jaffa, Urban Sprawl in Tel Aviv.
Nowhere in Tel Aviv
Die Skyline von Tel Aviv von Jaffa aus gesehen.
Tel Aviv Skyline

Der Felsen der Andromeda

Vor der Küste, in der Verlängerung der Hafenmole, ragen die Felsen eines kleinen Riffs aus den tosenden Fluten des Meeres. Die Felsen der Andromeda. Interessant. Auf diese tösend vom Meer umspülten Steinen hat der mutige Perseus seine geflügelten Füße gesetzt, um die anmutige Andromeda zu retten. Hier hat er das Haupt der Medusa gezückt und das furchtbare Seeungeheuer Ketos besiegt. Heute weht auf dem Felsen die israelische Flagge.

Dieser Schauplatz alter Mythen ist eher was für eine blühende Fantasie, nichts für das Auge. Trotzdem sitze ich lange auf einem fetten Wellenbrecher aus Kalkstein. Ich schaue auf den Wellengang. Meine Gedanken verlieren sich in der rhythmischen Bewegung der heranrollenden Gischt. Neben mir vergnügt sich eine niedliche Katze mit einem kleinen Fisch. Ein Angler hat ihr das Fischlein vorgeworfen. Ein sadistisches Spiel aus possierlichem Hüpfen und Springen entspinnt sich. So wie Perseus. Katzen sind elegante Killer.

Ein Fischerboot im Hafen von Jaffa.
Ein Fischerboot auf Landurlaub
Fassade eines Lagerhaus im Hafen von Jaffa.
Ein Hafen löst sich auf

Jaffa, ein Hafen für Jerusalem

Das erste was ich von Jaffa sehe, ist der Hafen. Erkenne ich, dass ich an einem der ältesten bekannten Häfen der Welt stehe, dass hier die Phönizier vor über 2000 Jahren Zedernholz verschifften, dass christliche Pilger hier landeten, um Jerusalem zu erreichen? Nein!

Der Hafen von Jaffa, das sind seit Jahrzehnten leerstehende Lagerhäuser, in die heute schicke Restaurants, Designstudios und Schuhhändler einziehen. Irgendwo wird noch frischer Fisch verkauft. Einige Fischerboote sind auch noch da. Überall im Hafen sind die Spuren des Strukturwandels und der Gentrifizierung sichtbar. Entwicklung weg von einem Hafen, in dem gearbeitet wird, hin zu einem Hafen für die Freizeitgesellschaft. Die maritime Bausubstanz dient als malerische Kulisse für Entertainment und Tourismus.

Seit 1961 kümmert sich die Old Jaffa Development Company Ltd um die Entwicklung des Hafens und der Altstadt. Künstler sollen angesiedelt werden. Wer anders könnte in diesem Areal auch wohnen und arbeiten. Jaffa wurde in den 60er Jahren wahrgenommen als “eine Zone, die ein Nährboden für Kriminalität, Prostitution und Drogen war“. Künstler als ein Patentrezept gegen all das? Dass diese Strategie nur teilweise aufgegangen ist, erzählt der israelisch, palästinensische Film Ajami. Noch 2010 ist Jaffa eine Stadt voll Kriminalität, Drogen und sozialem Sprengstoff.

In einer Lagerhalle hat Junktion Design einen Laden eröffnet. Das Designstudio wurde 2008 in Tel Aviv gegründet und ist auf Upcycling spezialisiert. Nutzlose Objekte des alltäglichen Verbrauchs, die normalerweise im Sperrmüll landen, bekommen von Junktion Design eine zweite Chance auf ein Leben in Schönheit. Anstelle auf der Müllhalde zu verrotten, werden Gasflaschen, Metallfässer und Koffer in bunte, trendige Objekte verwandelt. Zukünftig werden sie schicke Wohnzimmer und Küchen schmücken. Ein Weg aus der ökologischen Katastrophe?

Daneben hat sich ein kleines Spielzeug Museum etabliert. Eigentlich sieht es aus wie ein verkappter Spielzeug Laden. Ein kurzer Blick hinter ein verrostetes Eingangstor zeigt mir die traurige Situation der Lagerhallen vor der Sanierung. Klar hier musste etwas geschehen.

Spielzeug Museum im Hafen von Jaffa.
Spielzeug Museum im Hafen von Jaffa

Old Town in Jaffa

Ich steige einen Hügel hinauf zur Old Town. Ich will erkunden, wo Jaffa vor Jahrtausenden gegründet worden ist. Warum gerade hier? Der Hafen ist ein idealer Naturhafen. Der Hügel ist eine natürliche Festung. Wasser gibt es in Hülle und Fülle. Deswegen können die Jaffa Orangen hier gedeihen. Das sind perfekte Voraussetzungen für eine antike Stadt.

Von der antiken Stadt sehe ich wegen des starken Regens nur zwei lehmige Löcher auf einer begrünten Hügelkuppe. Neben mir erzählt ein Local Guide einer interessierten Reisegruppe von einem Tempel, der sich aus den wenigen sichtbaren Trümmern rekonstruieren lässt. Dazu fehlt mir heute die Fantasie. Ich sehe nur Erde und Steine. Deswegen schlendere ich weiter zum berühmten Flohmarkt von Jaffa unterhalb von Old Town rund um die Beit Eshel Street.

Grabung in Old Town Jaffa.
Grabung in Old Town
Rund um den Flohmarkt von Jaffa.
Rund um den Flohmarkt

Der Trödelmarkt von Jaffa

Einkaufen kann ich nichts. Wie soll ich es nach Hause bringen? Also flaniere ich einfach durch die Gassen. Betrachte einige Lampen hier und verschiedene Möbel dort. Erinnert mich alles an Berlin. Das Angebot sieht fast so aus wie beim Flohmarkt auf dem Ankona-Platz. Neben dem bekannten reizvollen Trödel gibt es Geschäfte, die moderne Möbel orientalischer Herstellung verkaufen: kräftige Farben und filigrane Muster. Ist eher was für ganz starke Nerven.

Der Besuch des Flohmarkts ist unbedingt empfehlenswert. Einmal wegen der lockeren Atmosphäre und der quirligen Geschäftigkeit. Moderne Bars und Cafés laden zum Verweilen ein. Hier trifft sich eine internationale Crowd unter freiem Himmel. Das ist alles sehr entspannt. Darüber hinaus bekomme ich einen Eindruck von der arabisch, osmanischen Stadt. Das, was ich bisher an “Geschichte“ auf meinem Ausflug vermisst habe, hier kann ich es finden. Auch als ein Hinweis darauf, dass Jaffa vor der Gründung des Staates Israels eine ganz und gar arabische Stadt war.

Ganz besonders gefallen mir die engen Gassen. Endlich mal richtig alte Häuser. Ich flanieren entlang osmanischer Spitzbögen in langen Arkadenreihen, bestaune geschnitzte und eingelegte Holztüren und freue mich an dem gelben porösen Kalkstein, aus dem die meisten Häuser hier errichten sind. Auch hier sehe ich Anzeichen von Gentrifizierung. Es wird viel gebaut und renoviert.

Lampen und Stühle, die auf dem Fleemarket angeboten werden.
Ein Angebot fast wie in Berlin
Eine Straße in Old Town Jaffa. Im Hintergrund eine Moschee.
Straße in Old Town
Eine alte Tür in old town.
Jaffas interessante Türen

Spaziergang nach Ajami

Ich möchte noch etwas mehr von Jaffa sehen. Ich verlasse den romantischen Flohmarkt und gehe Richtung Ajami, dem Stadtviertel, in dem der kritische Film gedreht worden ist. Ich habe keinen Stadtplan dabei. Auch mit Google Maps fällt es mir schwer, mich zu orientieren. Außerdem möchte ich gerne mit Menschen ins Gespräch kommen. Also frage ich mich durch. Niemand kann mir erklären, wie ich nach Ajami oder zur Yefet Street kommen.

Das erlebe ich auf meiner Reise immer wieder. Orientierung im Stadtraum funktioniert für die Menschen im Heiligen Land anders, als ich das kenne. Keine Ahnung woran das liegt. An mir? Weil ich die Namen der Straßen nicht richtig ausspreche? An meinem Fokus auf Straßennamen und Wegen?

Alle Wegbeschreibungen, die ich erhalte orientieren sich an Landmarks: großen Gebäuden, Supermärkten, Kiosken und breiten Straßen. Konkrete Benennungen spielen keine Rolle. Alles bleibt im ungefähren. Dann macht man wenigstens nichts falsch. Für mich ist es tatsächlich egal, ob ich mich verlaufe oder direkt zum Ziel komme. Für mich ist alles unbekannt und neu und spannend. Ich war ja noch nie hier.

Ein Hochhaus auf dem Weg nach Ajami einem Stadtteil von Jaffa.
Auf dem Weg nach Ajami

Ajami ist ein kleiner arabisch geprägter Vorort. Hier wohnen viele der arabischen Fischer, die unten im Hafen arbeiten. Wegen der Nähe zum Zentrum von Tel Aviv entwickelt sich Ajami aber auch zu einem beliebten Wohnviertel.

Der Spaziergang ist ein wie ein Gegenprogramm zum lustigen und entspannten Treiben in Old Town. Das Viertel zwischen Yefet Street und Hafen scheint geprägt von starken Gegensätzen. Ärmliche, verfallene Häuschen aus osmanischer Zeit stehen neben schick renovierten Gebäuden. Armut und Wohlstand prallen direkt aufeinander. Ist das die Realität israelischer Palästinenser? Ich gehe durch verwinkelte, trostlose Sträßchen, vorbei an schäbigen Fassaden hinunter zum Hafen.

Das aufgeräumte, das touristische Jaffa hat mich wieder. Ich gucke mir noch schnell den Uhrturm und die osmanische Architektur drum herum an. Doch jetzt brauch ich erst mal Ruhe. Ich gehe ins Restaurant Dr. Shakshuka. Da wo es ein Universitäts-Diplom gibt, kann es nur schmecken. Hier esse ich mein erstes Shakshuka. Ein typisches Gericht des nahen Ostens. Pochierte Eier in einer würzigen Tomatensoße mit leckeren Auberginen. Dazu gibt es fluffiges Weißbrot zum Tunken. Danke Jaffa! Du hast alle meine Wünsche erfüllt und mir einen erlebnisreichen Tag geschenkt.

Shakshuka Pochiertes Ei in Tomatensoße.
Mein erstes Shakshuka

Du möchtest noch mehr über Tel Aviv und Israel erfahren? Dann ließ diese Artikel:

Jaffa – Auf einen Blick

Ein Tag in Jaffa. Ich beginne meinen Ausflug mitten in Tel Aviv und spaziere entlang der Küste bis nach Jaffa. Dort entdecke ich eine Stadt mit uralter Geschichte, die 5000 Jahre zurückreicht. Mich interessiert mehr die Gegenwart. Die Neuordnung des Hafens und die Gentrifizierung der arabischen Stadt. Außerdem gibt es einen Flohmarkt zu entdecken.