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Oslo. Allein unter PokémonGO-Smombies

Oslo, der unaufgeregt zauberhaften norwegischen Hauptstadt mit lecker Fjordlage, scheint es zu gelingen, tonnenweise Ölgeld in ansprechende Architektur zu transformieren. Wie erfrischend. Oslo im Sommer ist einfach toll. Aufregend und entspannt zugleich. Nur die PokémonGO-Smombies sind irgendwie ganz anders unterwegs.
Inhalt

Die teuerste Stadt der Welt?

Trotz bester Vorbereitung auf den Umstand, dass Oslo nach einem kurzen Tabellen-Knick Tokio nun wieder als teuerste Stadt der Welt abgelöst hat, lässt mich die erste amtliche Rechnung über einen klitzekleinen Snack etwas eingeschüchtert zurück. Egal, das vergeht auch wieder. Zum Glück ist die Stadt auch an kostenfreien Vergnügungen nicht arm. So kann man auch ohne eigene Ölförderanlage eine tolle Zeit haben.

Das große Bauen an Oslos Hafen geht weiter. Bis 2019 sollen hier das neue MunchMuseum und eine neue National Bibliothek zu bewundern sein.
Oslo hat längst mehr Kohle im Staatssäckel als Holz vor den Stadttoren. Entsprechend hurtig und hochwertig geht das große Bauen, vor allem an Oslos beliebtem Hafen weiter. Bis 2019 sollen hier das neue Munch Museum und eine neue National Bibliothek zu bewundern sein. Na denn man to.

Was kost‘ denn nix in Oslo?

Man kann zum Beispiel den Vigelandpark erkunden, sich stundenlang im Botanischen Garten aufhalten, sogar der Schlosspark ist ganzjährig kostenfrei zugänglich. Auf öffentlichen Parks sitzen Osloer Studenten und andere arme Touristen und futtern Take away Menüs oder Pizza aus der Schachtel. Leider hinterlassen alle, die den eigenen Geldbeutel schonen, so ziemlich viel Müll. Die Mülltonnen für Einweg-Grills finde ich super, das wäre auch was für Berlin, doch hoffe ich inständig, dass Aluminium und olle Kohlen recycelt werden. Denn was hier an einem Tag zusammenkommt, ist schon beachtlich für so eine kleine große Stadt.

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Einmal grillen und dann – feuersicher – wegschmeißen. So macht man das in Oslo im Sommer. Überall hocken grillende Grüppchen in den Parks.
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Humor hamse auch, die Osloer. Im Ernst. Die Nille, die norwegische Variante eines Einrichtungs-SchnickschnackLadens, gewinnt nach Ende des kurzen Sommers wieder an ungeahnter Attraktivität.

Schöne Orte gibt es viele. Oslo ist nicht nämlich nicht nur sehr teuer, sondern auch sehr grün. Das sieht man spätestens vom Holmenkollen aus, der Skisprungschanze im Norden der Stadt. Wälder, Parks und Wasser. Die Luft ist fantastisch und dann fahren hier noch mehr Elektroautos rum als ich in meinem ganzen bisherigen Leben gesehen habe. Die Parkbuchten mit den Steckdosen hier sind ebenso zahlreich wie gut gefüllt, ich sag nur: Tesla. Abgesehen davon ist es auf den Straßen auffällig leise, herrlich, auch den Duft von Abgasen und Feinstaub vermisse ich – so gar nicht.

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Ein wenig diesig war es morgens noch, die Schönheit und Weite von Oslo Fjord + Umland zeichnet sich schon deutlich ab.

Museums-Binging in Oslo

Der Oslopass ist mit 490 NOK für 48 Std. (umgerechnet, ca. 50 Euro pro Person) nun kein wirkliches Schnäppchen, doch bietet er, hat man ihn einmal in der Tasche, freien Zutritt zu allen attraktiven Museen inklusive Benutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel – zu denen hier selbstverständlich auch die Fähre gehört. Damit kann man schon eine Menge Spaß haben. Um nicht zu sagen: Kreisch!

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Das Astrup Fearnley Museum für zeitgenössische Kunst (erbaut von Renzo Piano) liegt an der Spitze der schicken neuen Scholle namens Tjuvholmen, die mich architektonisch ein wenig an die neue Hamburger Hafencity erinnert.

Ich kann mich kaum sattsehen, bin froh, das alles in echt zu erleben. Das Munch Museum, das in einer aktuellen Ausstellungsreihe Munchs Arbeiten denen moderner Künstler gegenüberstellt, das Naturkundemuseum, das Fram (Polarfahrt-Pioniere!) und das benachbarte Kontiki Museum, das von Thor Heyerdahls abenteuerlicher Floß-Reise über den Pazifik erzählt, das Skimuseum am Holmenkollen, und nicht zuletzt das ganz beachtliche Astrup Fearnley. Es gibt so viel zu entdecken, runtergekommene kleine Stadtviertel wie Grönland, das Hipsterparadies in Grünerlokka, die Mathallen, die klimaneutralen Neubauten in Vulkan. Und während mir die Augen übergehen, sehe ich überall gekrümmte Gestalten. In sich gekehrte, mittels Ohrstöpfeln und mobilen Aufladegeräten quasi in sich selbst verkabelte Menschen im Pokémon-Wahnsinn. Sitzend, stehend, liegend. Laufend. Was die anderen Verkehrsteilnehmer natürlich besonders freut.

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Das Frammuseet, benannt nach dem Polarschiff, erzählt von den Abenteuern seiner Polarforschungsreisen. Es liegt, ebenso wie das benachbarte Kon-Tiki Museum, auf der Halbinsel Bygdøy.
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Sind sie nicht süüüüß – bevor sie ihr erstes Mobiltelefon bekommen?! Hach, seufzt die Tante. Und erzählt von früher. Die agilen Kleinen lauschen lieber den Stimmen sehr Seefahrt.

Häshtäg Pokemongo

Mir fallen über die ganze Stadt verteilt unzählige Gruppen von Leuten auf, die alle starr auf ihre Handys schauen. Die Frage ist nicht neu, drängt sich mir aber, auf dem Zenith der ersten PokémonGO-Welle, derbe auf: Was zum Geier machen die die ganze Zeit? Und wieso??? Und was nochmal genau? Für alle, die es, wie ich, erstmal googeln mussten: „PokémonGO ist ein kostenloses Augmented-Reality-Spiel für iOS und Android, das von Niantic in Zusammenarbeit mit Nintendo entwickelt wird. Pokémon GO will das aus Sammeln und Tauschen bestehende Gameplay der Handheld-Vorlagen in die reale Welt übertragen.“ Aha.

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Im berühmten Vigelandsparken in Oslo, der vor Skulpturen des norwegischen Bildhauers Gustav Vigeland (1869-1943) benannt ist, gibt es so viel zu entdecken und zu schauen, die PokémonGO-Smombies gucken lieber gar nicht erst hin…

Abgesehen von denen, die den neuen heißen Shice halt spielen oder eben auch nicht, diskutieren im Social Web aktuell viele in Prosa und über Memes unter teils hochamüsant Essentielles. Das Gros kreist irgendwie um die Frage, wie wir unsere Welt wahrnehmen. Wie wir uns in ihr bewegen und was wir in ihr suchen. Diese Fragen könnten recht abstrakt verstanden und als Einladung aufgefasst werden, WIE wir unsere Welt AKTIV, wenn nicht gar schöpferisch, gestalten wollen.

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Sie werden jedoch auf geradezu engstirnige Weise konkret, wenn man sieht, dass der klassische PokémonGO-Jäger ausser seinem Smartphone Display nicht viel wahrzunehmen scheint, weil er die Wahrnehmung seiner Welt auf genau diesen Ausschnitt zurecht geschrumpft. Sie nicht selbst gestaltet, sondern nur aufspürt und einsammelt, was ein Konzern programmiert und in ihr für ihn hinterlegt hat. Darüber hinaus gibt es buchstäblich kollidierende Errungenschaften, wie zum Beispiel die oben schon erwähnten Elektroautos in Kombination mit Smombies im Straßenverkehr. Eine augenzwinkernd darwinistisches, das mir unlängst in meiner Facebook-Timeline begegnet ist, wirft indirekt die Frage auf, ob letztlich vielleicht doch jede Gesellschaft die Spiele bekommt, die sie verdient. Autsch.

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Gibts Handysucht bald mit der Muttermilch? Wie sehr werden echte und virtuelle Realität noch verschmelzen? Lässt sich mit Computerspielen die Welt retten? Oder nur ihr drohender Niedergang kurzweiliger gestalten?

Ob Leute wie ich, die diesem absurden Treiben unbeteiligt bis amtlich besorgt gegenüberstehen, nun voll von gestern sind („Liebe PokémonGo Hasser, ihr klingt wie meine Oma als ich mit Walkman ankam – Relaxt“, schreibt Lutz von eitelsonnenschein) oder ob wir sich unsere höchst fragile Zivilisation mal wieder ein technisch basiertes Ei legt, dem wir zwar programmiertechnisch und von der vordergründigen Handhabung her gewachsen sind, die uns mittel- bis langfristig aber eher in falsche, weil merkwürdig dissoziierte Richtungen abdriften lässt, bleibt abzuwarten.

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Je öller je döller. Smombies forever,bis ins hohe Alter. Dieses Pärchen genießt das freie WLan im Inneren von Oslos Oper.

Augmented Reality als brückenschlagendes Instrument zwischen den echten und den virtuellen Welten finde ich spannend. Sinnigerweise in Anbindung an einen – auch räumlich begrenzten – Kontext, der hilft, komplexe oder sonst unsichtbare technische Vorgänge verständlich zu machen. Aber was weiß ich schon, ich bin ja nur eine altes Mädchen mit einem mittlerweile auch schon wieder skandalös veralteten Handy. Ich gebe mein Geld nämlich lieber für Reisen aus. Stelle die Brille scharf und sauge mir die Netzhaut voll mit Zeug. Ganz. Echt. Nix für Ungut und Tschüssi, eure Omma Kirsten.

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Service

Ich bin zum ersten Mal mit Norwegia Airlines geflogen und war begeistert. Großzügiger legroom, auch jenseits der Emergency Exit Reihen, und mit ein bisschen Vorlauf auch zu okayen Preisen. Am schönsten ist die Anreise natürlich mit Zug und Fähre, diese Variante möchte ich beim nächsten Mal mit etwas mehr Zeit probieren.
Wer sich den Oslo City Pass schon vor seiner anreise besorgen möchte, kann das hier tun. Für alle, die trotz PokémoGO spielen noch genügend Saft in ihrem verlängerten Arm haben, den Oslo Pass gibts auch als App.

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