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Abenteuer Outback. Out und back

Die Sirenen und Heuler suchen das Abenteuer häufig jenseits der Superlative. Schauen genau hin, mögen Details, wertvolle Kleinigkeiten, genau so wie Weite und Freiheit. Sie haben mich gefragt, worin für mich die Faszination, das Abenteuer Outback liegt. Vielleicht genau hier?
Inhalt

Reisen in der Sinnkrise

Wir reden über das, was wir erleben, über etwas Besonderes, das sollte es schon sein, etwas Schönes, etwas Außergewöhnliches. Reisen soll Spaß machen, jederzeit. Reisen soll Abenteuer sein, manchmal. Reisen soll unseren Horizont erweitern und uns reicher machen, an Erfahrungen. Wir sind Abenteurer, immer noch. Nur die Reiseziele gehen uns langsam aus. Zu touristisch, zu gefährlich, zu teuer und schlecht für die Umwelt. Der Reisende in der Sinnkrise. Was ist noch möglich? Wo ist sie noch zu finden, die liebe Einzigartigkeit?

Der Kings Canyon gehört mit zu den schönsten Landschaften die das australische Outback zu bieten het.

Was kann die Lösung sein, für unbefriedigtes Fernweh? Dorthin, wo nur Wenige sind und wo das Abenteuer aus jeder verstaubten Ecken rieselt wie Sand aus den Hosentaschen nach einem Tag am Strand?
Die Lösung könnte in der Weite und Unermesslichkeit liegen. In der Ferne und der Unzugänglichkeit. In der Gefahr und dem Unplanbaren. In dem, was hinter dem liegt, was Menschen als Hinterland bezeichnen. Eine Gegend namens Outback, das könnte es sein. Wo „Weite“ relativ ist und Träume geboren werden.

Das „Painted Desert“ mitten im Nirgendwo. Nichts außer Einsamkeit, Ruhe und Schönheit.

Abenteuer Outback | Outback ist, wo die Comfort Zone endet

Wir befinden uns in Australien, fünfter Kontinent. Viel Land, schwierige Geschichte, atemberaubende Natur. Bilder schießen in den Kopf. Palmen gesäumte Sandstrände, Great Barrier Reef, Surfbuchten, Städte wie aus dem Bilderbuch, sonnenverwöhnte Menschen denen die Lebenslust aus allen Poren trieft. Kein Wunder, möchte man sagen, bei mehr als 300 Sonnentagen im Jahr. Alles wächst, alles gedeiht, links und rechts der endlosen, geraden Straßen – zumindest bis zu dem Punkt, an dem Endlosigkeit beginnt.

Im Falle Australiens beginnt dieser Punkt bereits wenige hundert Kilometer hinter der Küste. Schnell werden Städte zu Dörfern, zu Häuseransammlungen, zu Containersiedlungen, zu einsamen Pups inmitten von Staub und rotem Dreck. Sobald die Berge der Great Dividing Range im Rückspiegel zu sehen sind, werden die Distanzen unüberschaubar und die Zivilisation macht sich langsam aus dem Staub.

Was das bedeutet, wird einem im Outback schnell bewusst. Wer ins Outback reist, sollte keine Experimente veranstalten. Denn die Comfort Zone endet, sobald die Straßen keinen Asphalt mehr tragen. Ein Allradfahrzeug ist unpraktisch und übertriebene Zur-Schau-Stellung in der Stadt, jedoch mehr als nützlich auf den Dirtroads des Outbacks. Wasser und Nahrung, Supermärkte und Tankstellen, an der Ostküste und im Süden Australiens überall zu finden, werden mit jedem Kilometer ins Landesinnere seltener und seltener, bis es schließlich keine mehr gibt. Vorräte werden essentiell und Benzin zum Luxusgut. Wenn ein leises Knirschen zwischen den Zähnen und ein staubiger Geschmack im Mund Dauerbegleiter werden, dann liegt das Hinterland endgültig hinter einem.

Asphaltstrassen hören irgendwann auf und werden durch staubige, holprige „Dirtroads“ ersetzt. Nur fliegen ist schöner.

Menschen mit Visionen und Vorstrafen

Fahrzeugwracks und tote Kangaroos am Straßenrand, ein alltägliches Bild im Outback.

Aufgewirbelter Staub schleppt sich wie ein dichter Umhang hinter dem Auto her und ist weithin übers flache Land zu sehen. Die feinen Partikel dringen unaufhaltsam durch die Heckklappen-Dichtungen und Seitentüren und bedecken das gesamte Innere mit einer feinen Schicht von rotem Staub. Aufgewirbelte Steine tanzen durch die Kotflügel. Ein permanentes hochfrequentes Rattern durchzieht das Fahrzeug und schüttelt die Insassen unablässig durch, denn eine Dirtroad ist nicht mehr als eine von schwerem Gerät in die Landschaft gepflügte Piste. Eine Teststrecke für Stoßdämpfer und Karosserie, könnte man sagen, denn hier bleibt keine Schwachstelle unentdeckt. Ein Trick, den einem auch die Bandscheiben danken ist, den Luftdruck der Reifen um etwa ein Drittel zu senken. Macht das Rattern etwas angenehmer. Sprit sparen und umweltbewusstes Fahren gehört hier nicht her. Das Outback kooperiert nicht.

Schlangen an den wenigen Tankstellen sind keine Seltenheit, und Preise bis zu 2,50$ pro Liter auch nicht.

Ganz anders die Menschen, die sich in diese Einöde wagen. Die Geschichte wiederholt sich. Denn auch zu Zeiten der Besiedlung des Outbacks kam eine wilde Mischung aus Abenteurern, Akademikern und Menschen, die ihre Vergangenheit hinter sich gelassen haben, um etwas Neues zu entdecken. Menschen mit Visionen und Vorstrafen. Die wenigsten blieben. Die übrigen starben oder wurden zu Helden. Hartes Land, harte Menschen. Man trifft sie auch heute noch, im „Roadhouse“, Tankstelle, Raststation, Lebensmittelpunkt und Nabelschnur zur Außenwelt in einem. Hier trifft sich nur, wer sich ins Outback wagt. Ein Hort von Geschichten aus aller Welt, zusammengeschrumpft auf einen staubigen Tresen. Bei aller Härte: Das weite Land, es verbindet die Menschen in Brüderlichkeit. Kein Problem, was nicht zu lösen wäre. Man redet miteinander, hilft sich, versteht sich. Jeder hat den gleichen Weg. Und so drängt sich der Vergleich mit einer Pilgerwanderung auf. Das Pub als Kirche, der Sternenhimmel als Dom, die Religion der Straße, tue Gutes und du wirst überleben.

Zeit fürs Stirnband, Zeit für die Straße, Zeit für einen selbst

Wer braucht schon Fernsehen wenn man diese Spektakel zur besten Sendezeit erleben kann?

Und so ziehen sich die Kilometer wie Kaugummi durch die karge Schönheit. Tage der Besinnung hinter dem Steuer. Das Leben spielt sich im Moment ab und wird auf das Wesentliche reduziert. Fahren, Essen, Schlafen. Am Ende des Tages auch immer die gleiche Prozedur. Übernachten im Outback heißt „Bushcamping“. Und Bushcamping bedeutet, man schlägt sein Lager am schönstmöglichen Platz entlang der Straße auf. Das kann in einem ausgetrockneten Flusslauf sein oder an einem der wenigen wasserführenden Creeks. Manchmal sind dort noch Andere Reisende, doch meistens ist man allein, mit dem glutroten Sonnenuntergang.

Ein klassischer Bushcamping-Moment. Die Petrolium Lampe am Tisch, Campingstühle, das Lagerfeuer/ Kochstelle und im Hintergrund Schlafzimmer und Küche. Mehr wäre Luxus.

Geduscht wird nicht, denn Wasser ist hier extrem kostbar. Ist ein Fluss oder ein Wasserloch in der Nähe, hüpft man sofort rein. Wenn die Dunkelheit einzieht und der Vorhang der Nacht sich über das weite Land legt empfiehlt sich, ein Feuer herzurichten, denn die Temperaturen können nach Sonnenuntergang schnell einen einstelligen Wert erreichen. Für kreative Köche beginnt jetzt die Zeit der Experimente am Lagerfeuer. Mit ein wenig Übung gelingen sensationelle Gerichte und sogar der beliebte „Damper“, das Busch-Brot. Wer jetzt seine Augen noch offen halten kann, sollte sich in seinen Campingstuhl zurücklegen, in den Himmel schauen, staunen und genießen.

Denn nichts beschreibt wohl das Leuchten der Sterne in der Nacht, die so nah und hell zu sein scheinen, dass man sie mühelos vom Himmel pflücken könnte. Die Fülle ist einfach unermesslich und wohl auch der Grund, warum die Aborigines ihre Sternenbilder nicht an den Sternen selbst, sondern dem Schwarz dazwischen ausrichten. Die Milchstraße zieht sich wie ein dichtes Wolkenband quer über das Firmament und man wünscht sich einen Astronomen zur Seite.

An vereinzelten Stellen tritt Jahrtausende altes Wasser tief aus dem Erdreich. 36° warm und eher salzig im Abgang.

Die Faszination Outback, sie lebt und sie gedeiht. Der Pauschal-Tourismus macht zwar auch vor diesem Flecken der Erde keinen Halt, doch bei Distanzen im 1000-Kilometer-Bereich fällt es dem Individualreisenden noch leicht, sich als unerschrockener Abenteurer und Entdecker zu fühlen. Hier kann man noch das Kribbeln spüren. Zeit fürs Stirnband, Zeit für die Straße, Zeit für einen selbst. Und so kreisen die Gedanken im Rauch des Lagerfeuers, wecken Ideen und spenden Kraft. Und spätestens jetzt, sollte man nicht weiter nachfragen, sonders das Universum einfach machen lassen. Es weiß schon, was es tut.

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