Oaxaca – Stadt, Land, Heuschrecke
Oaxaca ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundeslandes Genauer: Oaxaca de Juaréz. Seit 1987 gehört ihr historisches Zentrum zum UNESCO Weltkulturerbe. Das will ich mir anschauen. Neben der Architektur ihrer Innenstadt, ist sie berühmt für ihr Flair. Modernes und Traditionelles, Sakrales und Säkulares, hier haben auch Gegensätze Platz.
Passend dazu ist die Gastronomie entsprechend abwechslungsreich. Es gibt vegetarische Restaurants und – für Mexiko nicht unbedingt üblich – sogar vegane Küche. Traditionelle Spezialitäten haben zeitlos Konjunktur. Zum Beispiel der Queso Oaxaca. Das ist eine Art Stringcheese, der von der Farbe und dem Geschmack her ein wenig an Mozzarella erinnert. Auch Schokolade von Mayordomo und Mezcal Bars gehören dazu. Und natürlich Chapulines, also Heuschrecke. Auf Wochenmärkten sind sie als gerösteter, mit Chili gewürzter Snack allgegenwärtig. Gute Restaurants, wie das Restaurante Casa Oaxaca haben sie auf der Vorspeisenkarte.
Oaxaca – Bus oder Cessna?
Mit langen Busfahrten habe ich kein Problem. Die ADO Busse in Mexiko sind zudem sehr komfortabel. Was ich nicht kann, sind endlose Serpentinen und stundenlanges, engkurviges Geschaukel. Die Aussicht auf eine 8- bis 10-stündige Fahrt war mir so wenig geheuer, dass ich in Puerto Escondido nach Alternativen recherchiert habe. Besonders, nachdem ein Freund erzählte, die Quote für Reiseübelkeit auf den Fahrten sei beachtlich, und spätestens wenn drei Mitfahrende rückwärts gefrühstückt haben, nun ja…
Einheimische, die berufsbedingt häufiger in die Hauptstadt müssen, verweisen mich auf Don Vega. Allein der Name klingt ja schon nach Abenteuer. Die Korrespondenz im Vorfeld unserer ersten Begegnung ist auch abenteuerlich. Don Vega ist ein routinierter und versierter Pilot, jedoch ist er auch die gesamte Fluglinie, sprich, sein eigenes Backoffice und Bodenpersonal noch dazu.
So kritisch ich das Thema Langstreckenflüge und Berufspendelei mit dem Flieger sehe, so wenig weiß ich mir hier einen anderen Ausweg. Das Gewissen murrt, vollgetankt fasst auch sie 2×32 Gallonen Kerosin. Bei der Sportfliegerei ist das höchste Kostenfaktor. Schließlich siegt die Neugierde.
Mit meinem Babyspanisch will ich lieber schriftlich reservieren. Und im Gegensatz zu mir schreibt der alte Cessna-Hase nicht so gerne Emails. Am Tag des Abflugs bin ich viel zu früh in der kleinen Abflughalle des Flughafens von Puerto Escondido. Wie sich herausstellt, ist 7:30 AM die Zeit für unseren Treffpunkt, nicht die Abflugzeit. Darauf eine Torta con Pollo zum Frühstück und zum Nachtisch Leute beobachten, bis er mich schließlich – Punkt 7:30 AM – einsammelt.
Mein Erstaunen ist groß, als wir durch eine kleine Seitentür gehen. Ganz ohne Sicherheitskontrolle und den typischen Zirkus, der jedem normalen Flug bevor steht. Schwupps, sind wir schon auf dem Rollfeld. Es ist schon wieder tierisch heiß. Ich trinke einen Schluck Wasser. Nun erst merke ich, dass ich die Flasche die ganze Zeit über in der Hand gehalten habe. Wir gehen übers Rollfeld wie über irgendeinen Parkplatz und verstauen das bisschen Gepäck in einer kleinen Luke.
Auch das Innere der Cessna 128, Baujahr 1981, ist nicht viel größer als ein PKW. Ich sitze auf dem Platz des Co-Piloten und grinse jetzt schon bis über beide Ohren. Im Fond hockt noch eine Anwältin. Sie ist auf internationales Recht spezialisiert und auf dem Weg zu einem Kongress. Schreibt die gerade SMSe, während wir abheben? Als kleine Rucksacktouristin auf VIP-Ausflug gucke ich mir die Augen aus dem Kopf und möchte am liebsten den ganzen Flug mitfilmen. Dann geht es endlich los.
Sanft beschleunigen wir und lassen den Boden unter uns. Bevor Don Vega in Richtung Landesinnere abdreht und die Häuser und die Landschaft sich in Miniatur-Spielzeuge verwandeln, fliegen wir noch eine ausgiebige Kurve entlang der Bilderbuchküste Puerto Escondidos. Schon haben wir uns auf 9.000 Fuß hochgeschraubt und die stabile Reisegeschwindigkeit von 135 Knoten erreicht. Wir tragen nicht einmal Kopfhörer, es ist ganz schön laut.
Doch worüber sollte man auch reden, wenn man die Strukturen der Felder, Berge, Flüsse und Straßen in sich aufsaugt und sein Glück kaum fassen kann. Begierig schaue ich aus den Fenstern auf die Welt unter uns. Und wundere mich kurz, dass ich mich in diesem Papierflieger so sicher fühle, wo ich doch jeden Blick aus einem Autofenster an einem Steilhang als Nahtoderfahrung empfinde. Viel zu schnell schon sind wir da. Das waren vielleicht 30 Minuten reine Flugzeit.
Oxaca + Monte Albán. Programm für einen Tagesausflug
Bus gefahren bin ich trotzdem noch, in verträglicher Dosis. Keine Dreiviertelstunde außerhalb der Stadt liegt Monte Albán, ehemaliges religiöses Zentrum der Zapoteken, später Mixteken. Der „weiße Berg“ liegt noch einmal 500 Meter höher als Oaxaca de Juaréz. Von der abgeflachten Bergkuppe aus hat man einen wundervollen Blick runter auf das Tal – und die Stadt Oaxaca.
Monte Albán ist einfach atemberaubend. Das zugehörige Museum präsentiert viele Exponate, die bei Grabungen auf der historischen Stätte gefunden wurden. Von Alltagsgegenständen und Skulpturen bis hin zu einem Grab. Ach, und UNESCO Weltkulturerbe sind sie auch noch. Ich bin Sirenen & Heuler Autoren-Kollege Lorenz Töpperwien sehr dankbar, dass er bei unserer letzten Redaktionsbesprechung so bestimmt geschwärmt hat.
Nach einigen Stunden besteige ich einen Autobus Touristicó von Mitlá zurück nach Oaxaca Stadt. Die kleinen Transportacionés Touristicas fahren alle 30 Minuten von der Kreuzung Artega, Ecke Diaz Ortaz in Oaxaca nach Monte Albán und zurück und kosten nur 55 Pesos. Dafür haben sie schon tüchtig was auf der Uhr. Älter als dieser Bus ist nur der zahnlose Greis, der kurz vor unserer Abfahrt neben mir Platz nimmt und mich schüchtern anlächelt.
Zurück in der Innenstadt spaziere ich durch die Straßen und lasse mich treiben. Nach so viel Zapoteken-Kultur brauche ich heute kein Museum mehr. Ausgangspunkt ist die Plaza De La Constitución. Der Zocalo ist auch hier der zentrale Platz gesellschaftlichen Lebens. Ich tauche ein in die für Mexiko so typische Mischung aus Straßenverkäufern und Passanten, Pärchen und Familien, Musik und W-Lan-Autismus. Sicher die Hälfte der Leute saugt – allein oder in Gesellschaft – am freien WLAN. Nördlich des Zocalos schließt sich ein Viertel voller Galerien, Restaurants und Bars an. Hier verbummele ich den ganzen Nachmittag. In der Macedonio Alcalá No. 403 stoße ich schließlich auf das Berlina. Comida alemana?
Deutsches Essen und Craft Bier in der Casa Vieja einem der ältesten Häuser in Oaxaca? Am Eingang im Obergeschoss begrüßt mich Johanna. Wir grinsen beide – nonverbales Erkennen. Dennoch reden wir wacker spanisch und tun so, als wär nix. Ihr Spanisch ist natürlich um Längen besser als meins. Kunststück, sie lebt schon lange hier und betreibt das Berlina zusammen mit ihrem Partner. Das lokale Ale schmeckt mir nach der ganzen Lauferei richtig gut. Von der Dachterrasse aus habe ich einen tollen Blick auf die Iglesia de Sto. Domingo de Guzman. Zum Essen bin ich später noch verabredet, darum bleibt es heute beim Bier. Ursprünglich sollte es ins El Destilado gehen. Doch durch einen Kabelbrand in der Küche des angesagten Restaurants landeten wir im Restaurante Casa Oaxaca, die mit den fancy Heuschrecken.
Mein Fazit: Oaxaca ist eine Stadt, in der ich mich sofort heimisch gefühlt habe. Und die ich bei meinem nächsten Besuch in jedem Fall noch besser kennen lernen möchte. Doch auch hier das alte Dilemma, sie liegt nicht am Meer. Warum liegen Städte wie Oaxaca oder Berlin eigentlich nie am Meer?
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Service
Der Beiname Oaxacas „de Juaréz“ ist übrigens eine Referenz an den mexikanischen Präsidenten und Nationalhelden Benito Juárez, von dem in meinem Beitrag über Mexiko-Stadt bereits kurz die Rede war. Der beliebte und wegweisende Politiker war indianischer Abstammung und wurde in der Nähe geboren.
Fliegen mit Aero Vega. Ein Träumchen für $ 1700 Pesos (Preis pro Person pro Ticket). Ein Hin- und Rückflugticket kostet entsprechend $ 3400 Pesos.
Telefonische Reservierung über 0449545880062, oder per Mail an: aerovegapto@hotmail.com
Wenn ihr mal schauen wollt, die Aerolineas Vega zu seinen Ruhm- und Glanzzeiten aussah, als Juan Carlos und sein Vater gemeinsam nocheine ganze Flotte betrieben, schaut euch mal die alten Aero Vega Plakate aus den 1960ern an.
Die meisten Flüge in Mexiko gehen über Mexiko-Stadt. Wie ich im nachhinein erfahren habe, gibt es mit Aerótucan eine weitere Fluglinie, die Direktflüge nach Oaxaca anbietet. Ich habe sie bei unserem Rückflug nach Puerto Escondido auf dem Rollfeld kurz gesehen. Die Flieger sind ein bisschen größer, das Ticket etwas teurer. Der Charme eines Cessna-Fluges mit Don Vega ist in meinen Augen jedoch schwer zu überbieten.
Wem es im Flieger so geht, wie mir in Überlandbussen auf Serpentinenstraßen, kann ja gerne mit dem Bus fahren. Zwischen Puerto Escondido und Oaxaca verkehren einige Buslinien, wie zum Beispiel ADO. Die Tickets sind mit ca. $ 750 Pesos deutlich günstiger (Stand März 2017). Dafür dauert die Reise halt entsprechend länger und man sollte einen serpentinenfesten Magen haben.