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Romantik pur: Schloss Dyck by night - stimmungsvoll angeleuchtet während der Illumina 2016

Schloss Dyck: Wo nachts die Bäume tanzen lernen

Bei Nacht in einem französischen Schloss: Ein gespenstischer Schattentanz aus Stimmen, Lichtern und Musik erzählt eine geheimnisvolle Geschichte. Als Kind war das für mich pure Zauberei – und ein unvergessliches Erlebnis. Jetzt kam alles wieder: im Park von Schloss Dyck.
Inhalt

Ausnahmezustand auf Schloss Dyck

Immer wenn Besuch kommt, tun wir Dinge, die wir sonst nie tun. Auf den Kölner Dom gehen zum Beispiel. Oder eine Rheinschifffahrt machen. Diesmal kommt der Neffe aus Süddeutschland. Gerade 15 Jahre alt geworden – ein schwieriges Alter. Was also tun? Etwas Neues ausprobieren?

Schloss Dyck liegt gleich bei Düsseldorf, also um die Ecke. Trotzdem waren wir noch nie da. Warum eigentlich nicht? Aber ist das das richtige Programm für einen 15-Jährigen? Ein Schlossspaziergang mit Park oder umgekehrt? Zum Glück bietet Schloss Dyck gerade eine Special Edition: „Illumina“ nennt sich das Spektakel, das den feudalen Schlosspark alljährlich für ein paar Nächte in den Ausnahmezustand versetzt. Sobald sich die Nacht herabsenkt, ziehen Schriftzeichen übers Geäst, tanzen Bäume Ringelreihen, kriecht künstlicher Nebel über den Waldboden.

Der Schriftbaum: Jedes Jahr im Spätsommer feiert der Schlosspark Dyck das Licht. "illumina" heißt das Spektakel und ist in jedem Fall eine Reise wert.
Der Schriftbaum: Jedes Jahr im Spätsommer feiert der Schlosspark Dyck das Licht. „illumina“ heißt das Spektakel und ist in jedem Fall eine Reise wert.

Das fängt ja gut an

Aber der Reihe nach. Als wir hinfahren, wissen wir nicht, was uns erwartet. Ich male mir aus, wie wir den Altersdurchschnitt senken. Sehe vor mir eine Art Kurgarten mit gepflegten Rabatten und rollatorengerecht geebneten Wegen, auf denen sich Trauben gesetzter Herrschaften in gemessenem Tempo entlang schieben, immer in Richtung Kaffee und Kuchen.

Wie gut, dass manche Vorurteile umgehend Lügen gestraft werden. Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wie ich selbst später mal – wenn überhaupt – durch die Gegend schlurfe, entpuppen sich alle Befürchtungen als haltlos. Zwar ist der Besucherparkplatz von Schloss Dyck schon so gut gefüllt, dass Ordner die in Kolonne einfahrenden Autos zu den noch freien Plätzen lotsen müssen, doch die Leute, die den Fahrzeugen entstiegen, sind bunt gemischt und so gar kein Butterfahrt-Publikum.

Wir vertreiben uns die Zeit bis zum Dunkelwerden, indem wir durch die hübschen Themengärten schlendern, die am Eingang zum Schlosspark aufgereiht liegen, beobachten kleine Frösche in künstlich angelegten Teichen und klettern auf einem Abenteuerspielplatz herum. Dann geht es los, auf Wegen, die von tellergroßen Teelichten gesäumt werden, und durch einen Park, der höchst geräumig und voller Überraschungen ist und so gar nichts von einem Kurgarten hat.

Rieseneibe, Sumpfzypresse, Mammutbaum: Bei Nacht wirken die gewaltigen Exoten im englischen Landschaftspark von Schloss Dyck noch riesenhafter.
Rieseneibe, Sumpfzypresse, Mammutbaum: Bei Nacht wirken die gewaltigen Exoten im englischen Landschaftspark von Schloss Dyck noch riesenhafter.

Wer was erleben will, muss sich bewegen

„Son et Lumière“ – Ton und Licht: Diese magischen Wörter trage ich seit Kindheitstagen in mir. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als meine Eltern uns Kindern im Frankreichurlaub eröffneten, wir würden abends zusammen zu einer Aufführung gehen. In welchem französischen Schloss die sich dann abspielte, will mir partout nicht mehr einfallen, aber die Spannung spüre ich noch heute. Zusammen mit lauter Erwachsenen setzten wir uns in die bereitgestellten Stuhlreihen, rutschten unruhig herum, weil es dämmrig und immer dämmriger wurde, ohne dass etwas passierte. Bis dann plötzlich alles auf einmal passierte. Körperlose Stimmen schwebten über unseren Köpfen, ohne dass wir wussten, woher sie kamen, dramatische Musik setzte ein, und erst das Licht: gleißendes Weiß, dann wieder diffuses Blau oder zuckendes Grün, tanzende Spotlights und ganze Vorhänge aus irisierenden Farben. Von der Handlung verstand ich kein Wort, aber dass es hoch herging, war mehr als klar. Und Französisch hatte fortan für mich den Klang von „Son et Lumière“.

Romantischer geht's kaum: Diese Brücke über einen der vielen Wasserarme bei Schloss Dyck wechselt wie ein Chamäleon ständig ihre Farbe.
Romantischer geht’s kaum: Diese Brücke über einen der vielen Wasserarme bei Schloss Dyck wechselt wie ein Chamäleon ständig ihre Farbe.

In Schloss Dyck ist das alles sofort wieder da, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Statt vor einer imaginären Bühne zu sitzen, ist der Park die Bühne, durch die wir staunend von Szene zu Szene, von Akt zu Akt ziehen. Und noch etwas ist neu für mich: Ich verstehe, was die Stimmen sprechen, und stelle fest, dass das nicht unbedingt ein Gewinn ist. Auf die zum Teil recht schmalzige Poesie könnte ich gut verzichten. Der Einsatz von Licht und Musik dagegen ist fantastisch – so sehr, dass ich mich verwünsche, keine richtige Kamera dabei zu haben.

Egal, wohin man blickt im Park von Schloss Dyck: Das Licht malt Szenerien wie ein romantisches Gemälde
Egal, wohin man blickt: Das Licht malt Szenerien wie ein romantisches Gemälde

Schloss Dyck by night: Romantische Wasser- und Schattenspiele

Hermannus de Dicco hieß der erste Hausherr hier. Der Ort, den er sich für seine bescheidene Festung aussuchte, war ein sumpfiges Bachgebiet und eher unwirtlich. Die prächtige Wasserburg, die heute dort steht, errichteten erst seine Nachfolger. Einer von ihnen, ein Pflanzennarr, hatte den glücklichen Einfall, einen schottischen Gartenarchitekten auf sein Anwesen zu holen. Der legte den Grundstein zu dem prächtigen englischen Landschaftsgarten, der heute das barocke Wasserschloss umgibt.

Jedes Kräuseln des Wassers wirft ein neues Muster auf die Fassade von Schloss Dyck.
Jedes Kräuseln des Wassers wirft ein neues Muster auf die Schlossfassade.
Der Park um Schloss Dyck ist so geräumig, dass die "Baum-Disco" flackert und wummert, ohne den Gesamteindruck zu stören.
Der Schlosspark ist so geräumig, dass die „Baum-Disco“ flackert und wummert, ohne den Gesamteindruck zu stören.

Wir sehen davon nur Schemen, aber die sind so gekonnt inszeniert, dass alle restlos begeistert sind, der Neffe eingeschlossen. Besonders angetan ist er von einer Baumgruppe, die im Rhythmus der Musik angestrahlt wird und regelrecht zu tanzen scheint. Für das jüngere Publikum gibt es sogar eine „Baum-Disco“ mit zuckenden Lichtern und viel Kunstnebel. An anderer Stelle wird ein ganzes Waldstück illuminiert. Die Kinder, die um die Nebelmaschine herumtanzen, sehen aus wie Elfen. Geradezu sphärisch wird es da, wo sich Schloss oder Brücken in wechselnden Farben im Wasser spiegeln. Und den größten Spaß haben wir bei Schattenspielen vor der hell erleuchteten Schlossfassade.

Wir kommen bestimmt wieder – bei Tag!

Die Fassade von Schloss Dyck als Leinwand: Wer die richtige Stelle entdeckt, kann hier ein ganzes Schattentheater aufführen.
Die Schlossfassade als Leinwand: Wer die richtige Stelle entdeckt, kann hier ein ganzes Schattentheater aufführen.
Ist das da eine Elfe? Das Licht im Park von Schloss Dyck kreiert Märchenstimmungen am laufenden Band.
Ist das da eine Elfe? Das Licht kreiert Märchenstimmungen am laufenden Band.

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