Lima ist das Tor zur Welt der Anden: Machu Picchu, Titicaca, Cuzco – für Touristen führt der Weg dorthin immer über Perus Hauptstadt. Die hat durchaus hübsche Ecken, aber das Verkehrschaos ist mörderisch. Diese Tipps helfen, das Abenteuer Lima zu überleben
Jeder ist sich selbst der Nächste – Lima im Auto
Staus und Verzögerungen in Großstädten sind nichts Besonderes, aber auf das, was mich in Lima erwartete, war ich nicht vorbereitet. Ich war aus beruflichen Gründen eine Woche in der Stadt unterwegs. Wenn Touristen in Lima bleiben und nicht gleich weiterfliegen, beschränkt sich ihr Radius gewöhnlich auf Miraflores und das benachbarte Viertel Barranco. Beide Stadtteile stehen ganz oben auf der Liste der Lima Tipps, weil sie aufgeräumt wirken, viel kolonialzeitliche Architektur bieten und Besucher – auch einheimische – mit Bars und Restaurants in Hülle und Fülle anlocken. Zu meinen Zielen gehörten allerdings zwei Viertel an entgegengesetzten Enden der 10-Millionen-Metropole.
Ich hatte mich schon gewundert, warum das Besuchsprogramm so frühe Abfahrtszeiten vorsah – spätestens um sieben, manchmal sogar schon um sechs Uhr ging es im Auto los. Besser: Es sollte losgehen. Denn leider steckten wir schon nach kurzer Zeit im allgegenwärtigen Verkehrschaos fest. Jeden Morgen. Jeden Nachmittag und Abend. Gefühlt immer.
Lima ist ein Paradebeispiel für den Verkehrsinfarkt einer Megacity. Hier fährt jeder, wie er will, die Vorfahrt erzwingen ist Volkssport, unvorhergesehene Manöver für ein paar Zentimeter Raumgewinn sind die Regel. Und natürlich gilt: Je größer das Vehikel, desto mehr Rechte hat der Fahrer. Von oben müssen die Straßen aussehen wie ein riesiger, Abgase ausdünstender Hornissenschwarm aus Blech und Gummi. Zum Glück musste ich nicht selber fahren, das würde ich auch niemandem raten – schon das Zugucken hat mir gereicht.
Lima Tipps 1: Hände weg vom Steuer!
Traue keinem Zebrastreifen
Die einzigen Zebrastreifen in Lima, die ansatzweise beachtet werden, sind die am Flughafen. Alle anderen haben lediglich ornamentale Funktion. Kein Limeño, der am Steuer eines Autos sitzt, käme im Traum darauf, für Fußgänger anzuhalten. Entsprechend lautet die erste Regel im Verkehrschaos von Lima: Motorisierte Fahrzeuge haben immer Vorfahrt, Fußgänger haben nichts zu melden.
Entsprechend verhalten sich beide Seiten. Die Autofahrer sind froh, wenn sie im allgemeinen Dauerstau mal ein paar Meter vorankommen, und lassen sich von niemandem daran hindern, am wenigsten von Fußgängern auf einem Zebrastreifen. Die Fußgänger ihrerseits warten im Zweifelsfall, bis sie schwarz werden, inhalieren Unmengen an Kohlenmonoxid und hasten schließlich über die Straße, um bloß keinem Autofahrer in die Quere zu kommen.
Auch Ampeln ist nicht zu trauen. Wenn die Straße frei ist, nutzen manche Autofahrer die Gelegenheit und fahren forsch über Rot. Wer sein Leben liebt, sollte also immer die Augen offenhalten. Traumwandler können sich immerhin darauf verlassen, dass sie unmittelbar vor dem Zusammenstoß von einem Hupkonzert gewarnt werden.
Lima Tipps 2: Fußgänger, sei wachsam!
Auch Taxis stehen im Stau
Es gibt Uber in Lima. Für Touristen ist das eine gute Nachricht, weil der Dienst relativ zuverlässig und zu Fixkosten arbeitet und jede Fahrt mit Kreditkarte abgerechnet werden kann. Für Lima bedeutet Uber, dass sich das Verkehrschaos noch potenziert.
Das Chaos hat seinen Ursprung in den 1970er und 1980er Jahren. Das damalige öffentliche Bussystem war zu teuer und scheiterte, gleichzeitig sorgten Bevölkerungswachstum und Landflucht für einen sprunghaften Anstieg der Einwohnerzahl von Lima. Das Resultat: Für viel zu viele Menschen gab es viel zu wenige Transportmittel. Also erließen die Stadtoberen ein Dekret, das es jedem Limeño gestattete, Fahrgäste im Privatfahrzeug zu befördern. Damit war das Verkehrschaos perfekt.
Mittlerweile ist die Personenbeförderung wieder mehr reglementiert. Es gibt Unmengen an Taxis in Lima, speziell in den Touristenvierteln Miraflores und Barranco. Viele davon sind nicht registriert. Das ist weniger ein Sicherheitsproblem als eine Preisfrage – Auswärtige zahlen potentiell mehr. Trotzdem sind die Tarife für Touristenbörsen ausgesprochen günstig. In manchen Stadtvierteln dominieren Tuktuks das Straßenbild. Sie sind besonders billig und schlängeln sich manchmal schneller durch das Verkehrschaos als ein ausgewachsenes Taxi.
Lima Tipps 3: Taxis sind schnell verfügbar, führen aber nicht unbedingt schneller ans Ziel.
Lima per Bus und Bahn: Erste Ansätze gegen das Verkehrschaos
Es fing vielversprechend an: 1878 zogen Pferde die erste Straßenbahn durch Lima. In den folgenden 25 Jahren deckte die „Empresa de Tramways de Lima“ die Stadtteile Barranco, Chorillos, Magdalena und Miraflores ab. 1904 ging die erste elektrische Tram an den Start, 1921 entstand die erste offizielle Buslinie.
Heute kämpfen hunderte Busunternehmen – etwa die Hälfte davon ohne Konzession – um Passagiere. Dieser „Guerra del centavo“ (Groschen-Krieg) erhöht noch das Verkehrschaos. Besonders die Kleinbusse oder „Micros“ sind immer auf der Jagd nach Kunden, halten oft an, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen, und versuchen, die ständigen Verzögerungen durch ständige Spurwechsel und halsbrecherische Überholmanöver wettzumachen.
Doch es gibt Ansätze, das Chaos in den Griff zu bekommen. Einer davon ist der „Metropolitano“. Das sind Großraum-Gelenkbusse, die mit Erdgas betrieben werden und auf eigenen Busspuren entlang der innerstädtischen Schnellstraße Via Expresa verkehren. Auf einer Gesamtstrecke von 26 Kilometern verbinden sie 16 Stadtteile und halten an 38 Stationen. Die Taktzahl ist hoch, doch der Andrang an Werktagen ist so gewaltig, dass es zu längeren Wartezeiten kommen kann. Abgesehen davon macht die eigene Busspur den Metropolitano weitgehend unabhängig vom übrigen Verkehrschaos.
2011 eröffnete zudem die Metro Lima als oberirdisch verlaufende Stadtbahn. Damit kehrte der Schienenverkehr nach Lima zurück, nachdem die Straßenbahnen um 1960 ihren Betrieb endgültig eingestellt hatten. Baubeginn der Metro war 1986 unter dem damaligen Präsidenten Alan García. Geldknappheit und Korruption verursachten einen jahrzehntelangen Stillstand. Erst 2001 ging ein Teil der Strecke in Betrieb, seither erfolgten mehrere Erweiterungen auf nunmehr 26 Stationen. Ob und wann die geplanten zusätzlichen vier Metrolinien Realität werden, steht in den Sternen.
Lima Tipps 4: Bus und Bahn fahren am Verkehrschaos vorbei – da, wo es sie gibt.
Radfahrer haben es schwer
Es gibt sie, auch wenn man sie suchen muss. Wer in Lima Fahrrad fährt, braucht eine gehörige Portion Mut und ein dickes Fell. Radwege? Insgesamt vielleicht zehn Kilometer, wenn es hoch kommt. Ansonsten bleibt nur der Gehweg oder der Machtkampf mit aggressiven Autofahrern auf der Straße.
Eine bekennende Radfahrerin erzählt mir, sie würde den Spießrutenlauf auf der Straße manchmal geradezu genießen. Regelmäßig schimpfen Autofahrer über sie, aber sie fährt unverdrossen weiter und beansprucht den Platz, der ihr zusteht, auch wenn andere das nicht einsehen wollen. Tatsächlich eignet sich Lima gut zum Radfahren, weil es – zumindest in den küstennahen Vierteln – keine Steigungen gibt. Neben pöbelnden Autofahrern sind jedoch vor allem die Abgase ein Problem.
Lima Tipps 5: Radfahren? Besser woanders!
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Mehr Infos
Eine ziemlich gute Orientierung bietet die ÖPNV-App moovit. Dort heißt es unter anderem, dass Limeños durchschnittlich 95 Minuten pro Tag in öffentlichen Verkehrsmitteln zubringen und dabei 8,1 Kilometer zurücklegen. Die App führt die wichtigsten öffentlichen Buslinien sowie den Metropolitano und die Metro auf und sucht zu Abfahrts- und Ankunftsort die passende Verbindung heraus. Nicht erfasst wird das ständig wechselnde Angebot der Kleinbusse (Micros).