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Die Berge rund um den Milford Sound.

Milford Sound / Piopiotahi – Regen, Nebel, Wolken

Der Milford Sound im Fjordland von Neuseeland ist ein spektakuläres Ziel. Auf der Milford Road geht es durch den Regenwald hinunter an den Milford Sound. Die Maori haben diese faszinierende Bucht nach der einheimischen Drossel Piopio, Piopiotahi gennant. Wenn Du Piopiotahi kennenlernen möchtest, muss Du Dich auf schlechtes Wetter einstellen. Denn der Ausflug zum Milford Sound kommt fast immer mit Regen-Garantie. Ob sich die Tour trotzdem lohnt, erfährst Du hier
Inhalt

Fjordland Nationalpark auf der Südinsel Neuseelands

Der Milford Sound im Fiordland an der südlichen Spitze der Südinsel Neuseelands ist eine der regenreichsten Landschaften der Welt. Durchschnittlich 7000 mm Niederschlag pro Jahr. Das sind weltrekordverdächtige Wassermassen oder eigentlich Sintfluten, die hier vom Himmel auf die Erde stürzen oder als Nebelbänke und graue Wolken zum Himmel steigen und so die Sicht auf die fantastischen Berge, Schluchten und Regenwälder der Südinsel verschleiern. Trotz dieser Wetterbedingungen sind der Milford Sound und die einzige Zufahrtsstraße dorthin, die Milford Road, große Tourismusmagnete im an touristischen Attraktionen sowieso nicht armen Neuseeland.

Ist die Tour auf der Milford Road hinunter zum Milford Sound wegen des vielen Regens eher ein Reinfall oder eine richtig tolle Sache? Wie immer kommt es auf die Erwartungen an. Tatsächlich höre ich am Milford Sound und vor allem während der Bootstour auf dem Sound ziemlich viele Stimmen, die behaupten: “Also bei Sonnenschein, wäre alles viel schöner. Bei diesem Regen kann man ja gar nicht raus und die Fotos sowieso wie Schwarzweiß. Es gibt überhaupt nichts zu sehen.“ Ich teile diese Meinung ganz und gar nicht. Im Gegenteil, ich bin von dem Wetter am Milford Sound ziemlich fasziniert.

Milford Sound – Ein Ausflug mit Regengarantie

Und darum frage ich mich: warum fahren Menschen, die auf Reisen immer nur den Platz an der Sonne wollen, bloß in den Regenwald? Weil sie das Schicksal heraus fordern wollen, um am Ende zu triumphieren: “Also, als wir im Milford Sound waren, da hat es gar nicht geregnet. Eitel Sonnenschein!“ So wie in der Zahnpasta Werbung, “Mutti, Mutti, er hat gar nicht gebohrt“?

Über die Milford Road zu fahren, und auf Sonnenschein zu hoffen, ist ungefähr so erfolgversprechend, wie in die Sahara zu pilgern, um dort einen Regenguss abzubekommen. Denn der Milford Sound kommt praktisch mit Schlechtwetter Garantie. Einen Regenwald ohne Regen wäre auch ein Widerspruch in sich, oder?

Berge im Fiordland Nationalpark auf der Fahrt zum Milford Sound.
Feuchte Ursuppe. Das typische Wetter während der Fahrt zum Milford Sound
Kleine Wasserfälle auf der Fahrt zum Milford Sound.
“Schwitzende Felsen“ entlang der Milford Road

Ausflug in den Fiordland Nationalpark in Neuseeland

Der Ausflug zum Milford Sound ist aber kein Pappenstiel. Tatsächlich beginnt die Tour schon mit der spektakulären und anspruchsvollen Fahrt über die abwechslungsreiche Milford Road, einer der schönsten Straßen Neuseelands. Auf dieser superlangen, verschlungenen Sackgasse geht es von Te Anau auf der 120 Kilometer langen Strecke für fast 2,5 Stunden durch den bergigen Feuchtwald des Fiordland Nationalparks hinunter an die Küste. Dann heißt es auf der Milford Impress Leinen los für ein 2 stündige erlebnisreiche Bootstour. Am Ende des Tages noch mal 2 Stunden zurück über die Milford Road nach Te Anau.

Summa Summarum bin ich 6 Stunden unterwegs, das ist wirklich ungewöhnlich viel Zeit für feuchten Niederschlag, Nebel, graue Wolken und melancholische Gedanken. Auch mir geht dieses feuchte, lichtlose Grau des Dauerregens zwischenzeitlich auf den Geist. Besonders ärgere ich mich darüber, dass ich die Regenhose nicht eingepackt habe, denn das bedeutet ständig nasse Hosenbeine. Aber im großen und ganze bin ich vom nassen Wetter, vom Nebel und dem Ausflug in den Milford Sound sehr beeindruckt.

Insgesamt aber gefällt mir das feuchte Wetter ausgesprochen gut. Schon bei der morgendlichen Fahrt auf der Milford Road durch üppige Natur des Fiordland Nationalpark begeistert mich das trübe Licht und das satte, dunkle Grün der vernebelten und verregneten Südbuchen Wälder. Eine Herausforderung und ein Spaß für jeden Fotografen. Aber als ich mir am Abend die Bilder, die ich im Laufe des Tages produziert habe, anschaue, bin ich doch nicht so zufrieden.

Regenwald des Fiordland Nationalpark mit Baumfarnen.
Die urtümlichen Baumfarne wachsen in den feuchtwarmen Feuchtwäldern des Fiordlands mannshoch
Regenwald mit Nebel im Fiordland Nationalpark in Neuseeland.
Nebel, Berge, Südbuchen im Fiordland Nationalpark
Nebel in den Bergen rund um den Milford Sound.
… und noch mehr Nebel.

Fantastische Landschaften entlang der Milford Road

Je weiter es zum Milford Sound hinuntergeht, desto üppiger und dichter wird der Wald. Baumfarne wachsen im Unterholz, Bartflechten hängen von Bäumen herab, Moose klettern die Baumstämme hinauf. Soviel Grün: Dunkelgrün, Graugrün, Giftiggrün, Gelbgrün, Schimmelgrün und – wir sind ja auf der Südinsel Neuseelands, Te Wai-pounamu, dem Jadewasser – natürlich Jadegrün … Nebel hängt zwischen den Ästen, Wasser perlt in winzigen Tropfen die Blätter herab. Mein Blick zoomt ein und wieder raus. Soviel zu sehen!

Plötzlich öffnet sich – links neben den Milford Road – das Eglinton Valley, eine goldgelb verdorrte Ebene zwischen grauen Berghängen, durch die ein kristallklarer Gebirgsfluss fließt. Der Eglinton River hat seinen Lauf häufig geändert, in einem früheren Flussbett schwappen nun die sagenhaften Mirror Lakes, in deren dunklen Wasser sich Wolken und verschneite Berggipfel der Earl Mountains spiegeln. Das ist einfach nur bezaubernd schön. Am Monkey Creek steigen aus feuchtem Gras verträumte Nebelschwaden auf; etwas später tosen gurgelnde Wasserfälle durch schmale, steile Schluchten in reißende Flüsse hinab. Es regnet gar nicht so stark, viel eher scheint das Wasser in der Luft zu stehen, es wird durch einen Nebel geradezu horizontal in die Landschaft versprüht.

Eglingto Valley an der Milford Sound Road.
Das Eglinton Valley eine flache Ebene zwischen steilen Bergen. Dramatische Wolken versprechen spektakuläres Wetter
Die Earl Mountains und die Mirror Lakes in Neuseeland.
Die Mirror Lakes im Eglinton Valley. Im Hintergund die Earl Mountains
Berggipfel spiegeln sich in den Mirror Lakes im Fiordland Nationalpark.
Sensationelle Spiegelbilder. Mich verwirrt die Gleichzeitigkeit der üppigen Natur mit Schneegipfeln
Monkey Creek auf der Straße zum Milford Sound.
Nebel am Monkey Creek
Kea Papagei an der Milford Sound Road.
Ein Kea Papagei spaziert über den Seitenstreifen der Milford Road

Vom Homer Tunnel bis zum The Chasm

An der einzigen Ampel auf der Milford Road – vor dem Homer Tunnel – bleibt genügend Zeit die verregnete, spektakuläre Berglandschaft des Fiordlands ausgiebig zu bestaunen. Auch Keas, seltene, endemische Waldpapageien und eine besondere Attraktion auf der Tour zum Milford Sound, lassen sich vor dem Homer Tunnel  gut beobachten und noch besser fotografieren. Denn die Keas flattern verspielt von Autodach zu Autodach oder spazieren entspannt durch die Menge begeisterter Fotografen. Mit ihren verrückten Kapriolen versuchen die Papageien, Futter von den belustigten Reisenden zu ergattern. Füttern ist zwar verboten, aber die Keas sind doch soooo süüüüüüüßßßßßß …

Erhaben – dieser verstaubte ästhetische Begriff – ist für diese Bergwelt das einzig richtige Wort. Also erhabene und bedrohlich schwarze Berghänge scheinen öliges Wasser aus zu schwitzen. Als Spinnweben rinnen lange, weiße Wasserfäden die steilen Gebirgswände hinab, verschwinden hinter Felsvorsprüngen und sprudeln etwas tiefer wieder hervor. Diese Welt besteht anscheinend nicht aus 4 sondern nur aus 2 Elementen: Wasser und Stein. Aber eigentlich scheint alles nur Wasser zu sein. Manchmal erdölschwarz, manchmal heiligweiß. Das Wasser hat sogar Bäume und Büsche einfach von den Felsen gewaschen.

Wie das sintflutartige Wasser diese Landschaft gestaltet hat, kann ich beim kurzen Spaziergang zum The Chasm betrachten. The Chasm, das ist eine Gletschermühle, in der schnellströmendes Wasser und kieselrunde Steine ein felsiges Flussbett in skurrile  – schweizer Käse ähnliche – Formen gemahlen und geraspelt haben.

Gletschermühle, The Chasm, im Fiordland Nationalpark.
Schnell fließender Gebirgsfluss an The Chasm
The Chasm ist ein Naturwunder auf dem Weg zum Milford Sound.
Solche bizzaren und amorphen Formen haben Wassererosionen aus dem Felsen geschliffen
The Chasm im Fiordland Nationalpark in Neuseeland.
Eine Steinmühle macht Pause

Die Gestalten des Wassers

Mir erscheint es wie Magie, in wie vielen verschiedenen Gestalten die doch eigentlich formlose und amorphe Substanz Wasser in der Landschaft des Fiordland Nationalparks erscheinen kann. Im Eglinton River plätschert Wasser als munterer Bach, in den Mirror Lakes spiegelt sich die Welt in einem dunklen Kristall und in der Ebene des Monkey Creeks steigt Wasser dann in Nebeln auf und sammelt sich an den Spitzen des harten Tussok Gras als Tautropfen, von den hohen Felswänden rinnt es in sklerotischen Gespinsten herab und in den Wasserfällen donnert es tosend durch tiefe Schluchten. Wäre es nicht so kühl und grau, könnte ich an eine Hexenküche denken. Aber eigentlich passt der Begriff Waschküche viel besser oder sah so etwas die Welt aus, als unsere einzelligen Vorfahren noch in einer nahrhaften Ursuppe kochten?

Die magische Energie der Landschaft nimmt während der Schiffsfahrt auf dem Milford Sound sogar noch zu. Denn bei der Bootstour auf dem Fjord scheint sich die Welt am Ufer zurückzuziehen und sich in Schleiern und Nebel aufzulösen. Es kommt mir so vor, als sei mir die Welt abhanden gekommen, so verwabert sie hinter den Wolken. Die Schiffsfahrt erlebe ich als Passage in eine andere, verträumte Welt. Bei so einem Wetter könnten die Toten der Griechen über den Totenfluss Stxy oder die Lethe den Fluss des Vergessens gereist sein, in die Welt der Schatten. In Peter Jacksons Herr der Ringe Verfilmung stürzen solche Wasserfälle im Hintergrund durch die Schluchten von Bruchsal.

Nebelbildung im Milford Sound.
Milford Sound Waschküche I
Fahrt auf dem Milford Sound.
Milford Sound Waschküche II
Felswände entlag des Milford Sound mit Wasserfällen.
Milford Sound Waschküche III
Wolkenbildung im Milford Sound.
Milford Sound Waschküche IV
Fahrt auf dem Milford Sound während eines Regenschauers.
Milford Sound Waschküche V
Wolkenbildung über dem Wasser.
Milford Sound Waschküche VI

Piopiotahi und Te Wai Pounamu

Maori Legenden erzählen, dass sich Papa, die Mutter Erde, und Rangi, der Vater Himmel, im aufsteigenden Nebel und in den niedergehenden Regen wieder vereinen, nachdem die lebenshungrigen Söhne allen voran Tane Mahuta, Vater und Mutter in einem ödipalen Kampf gewaltsam voneinander trennten. So wie sich Himmel und Erde im Milford Sound umschmeicheln, muss es eine äußerst zärtliche Wiederbegegnung sein.

Die Maori haben die Bucht im Fjordland Piopiotahi genannt. Nach einer einheimischen Drossel, die betören singen kann und heute wahrscheinlich ausgestorben ist. Sie kamen mit Booten über das Meer hierher. Denn hier konnten sie die begehrte Kokotakiwai, Greenstone, finden. Greenstone, ist eine Name für Jade. Diese wird auf der Südinsel Neuseelands außer im Milford Sound noch in Hokitika gefunden. Weil Jade ein so wertvoller Stein ist und nur auf der Südinsel zu finden ist, haben die Maori ihr den zauberhaften Namen Te Wai Pounamu, Jadewasser, gegeben.

Milford Sound oder Milford Fjord?

Am Rande erfahre ich noch, dass der Milford Sound eigentlich ein Fjord ist. Der Unterschied zwischen Sound und Fjord besteht darin, dass der Sound ein Gewässer ist, das aus einem gefluteten ehemaligen Flusstal besteht. Ein Fjord hingegen ist ein Meeresarm, der ein ehemaliges Trogtal, das ursprünglich von einem Gletscher ausgeschliffen worden ist, überflutet hat. Deswegen ist die niedrigste Stelle eines Fjords immer die Fjordschwelle, die den Meeresarm von der offenen See trennt.

An der tiefsten Stelle ist der Milford Sound gut 320 Meter tief ist, dass der Fjord in die Tasman Sea mündet und an seinen Ufern Seebären und blaue Zwergpinguine leben. Manchmal schauen sogar Delphine im Sound vorbei. Die ganze Landschaft ist als UNESCO Welterbe anerkannt. Manche bezeichnen den Milford Sound als 8tes Weltwunder und so fort. Übrigens haben mir auch gemeine Sandfliegen die Beine zerbissen. Habe ich gar nicht gemerkt, ich war ja unterwegs in einem Traum. Da spielen Fakten und Bisse keine Rolle.

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Tipps für eine Tour zum Milford Sound

Die Rückfahrt über die Milford Road löst bei mir nicht mehr so große Begeisterungsstürme aus. Als ich Abends wieder nach Te Anau zurückkehre, stelle ich fest, dass die Faszination des schlechten Wetters tatsächlich erschöpft hat. Aber ich bin sehr froh, dass ich diese fantastische Tour durch den Fiordland Nationalpark gemacht habe. Übrigens rät man dem Reisenden in Neuseeland, den Milford Sound mindestens zweimal zu besuchen. Einmal natürlich bei schlechtem Wetter und das zweite Mal bei gutem Wetter. Das wäre dann aber ein ganz andere Geschichte.

Wenn Du eine Tour zum Milford Sound planst, solltest Du auf jeden Fall bedenken, dass Du zwischen Te Anau und der Ankunft am Ableger für Deine Schiffstour über den Fjord, kein Restaurant, keinen Kiosk und nur eine öffentliche Toilette findest. Mit Proviant deckst Du Dich am Besten in Te Anau aus. Außerdem solltest Du ein Spray einpacken, mit dem Du die Sandfliege abwehren kannst. Denn sonst kommst Du mit juckenden Stichen wieder zurück, die sich schnell zu eitrigen Wunden entwickeln können.

Auf jeden Fall solltest Du Dich auf ziemlich wechselhaftes Wetter einstellen. Denn der Wechsel von Sonne auf Regen kann ziemlich schnell erfolgen.

Lohnt sich eigentlich ein Ausflug von Queenstown hinunter an den Milford Sound? Meiner Meinung nach nicht. Denn für die Hin- und Abfahrt musst Du gut 7 Stunden einplanen.