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Maori Schnitzereien mit Gestalten aus Märchen und Legenden
Maori Schnitzereien mit Gestalten aus Märchen und Legenden

Neuseeland: Märchen und Legenden der Maori

Die Märchen und Legende der Maori erzählen von den Landschaften, Naturwunder und der Geschichte Neuseelands. Hier erfährst Du, was es mit den Erzählungen der Maori über Aotearoa – dem Land der langen weißen Wolke – auf sich hat.
Inhalt

Neuseeland aus der Perspektive der Maori Erzählungen

Sind die Märchen und Mythen der Maori aus Neuseeland ein Thema für einen Reiseblog? Ganz klar, JA! Denn viele Landschaften, Seen und Naturwunder, wegen derer Neuseeland für Reisenden aus aller Welt so außergewöhnlich attraktiv ist, sind Schauplätze von Legenden und Erzählungen der indigenen Bevölkerung Aotearoas. Sogar Aotearoa – der Maori Namen für Neuseeland – geht zurück auf eine Maori Erzählung, Nämlich die über die legendäre Entdeckung Neuseelands durch Kupe und seine Frau Kuramarotini.

Aber es gibt noch viel mehr. Am Franz Josef Gletscher wird die Geschichte von der jungen Gipfelstürmerin Hine Hukatere erzählt. Rund um den Lake Wakatipu bei Queenstown spielt das Liebesdrama zwischen dem einfachen Mann Matakauri und der Prinzessin Manata. Am Lake Rotorua sind sich Hinemoa und Tutanekai begegnet. Im Waipoura Forest wächst Tane Mahuta der Gott der Wälder. Die Märchen und die Legenden der Maori bieten also die Möglichkeit die erstaunlichen Landschaften und Naturwunder Aotearoas aus einer anderen Perspektive kennenzulernen und zu verstehen.

Die Entdeckung Aotearoa’s in den Maori Legenden

Aber natürlich sie Maori Märchen und Legenden auch deswegen ein passendes Thema für einen Reiseblog, weil sie von abenteuerlichen Reisen, erstaunlichen Entdeckungsfahrten und kühnen Seefahrern berichten, die auf den Wassern des Pazifiks zu hause sind.

Denn besonders häufig werden in Neuseeland die Mythen von den weiten Fahrten der Vorfahren der Maori über den Pazifik erzählt. Sie berichten von großen Kanus und der Entdeckung Neuseelands, dem Land der langen weißen Wolke: Aotearora. Der bekannteste Mythos der Entdeckung Neuseelands erzählt von einem polynesischen Seefahrer mit dem Namen Kupe. Er soll um 950 unserer Zeit mit einer Flotte über den Pazifik geschippert sein, Neuseeland entdeckt haben, und eine erste Welle der Besiedlung der Inseln durch Polynesier ausgelöst haben. Der Kupe Mythos erzählt von der Ankunft des Volks der Moriori. Die neuere Forschung geht allerdings davon aus, dass die Moriori sich erst um das Jahr 1500 auf den Chatham Inseln niederlassen haben. Komisch! Irgendwie scheint es da einen Dreher in den Jahreszahlen zu geben, aber dazu später mehr.

Um 1350 soll dann eine weitere, nämlich die große Flotte, in Neuseeland gelandet sein und vor den Küsten der Insel geankert haben. Und damit betreten die Maori zum ersten Mal den Boden Aotearoa’s! Den folgenden Kampf zwischen den Moriori und den Maori gewinnen die Maori. Die sich im Anschluss in Neuseeland niederlassen.

Die Legende von Kupe und seiner Flotte wurde in den Schulbüchern Neuseelands bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts ungefähr so erzählt:

Die Entdeckung Aotearoa’s durch Kupe

Kupe lebte auf Hawaiki. Sein Vater aber kam aus Rarotonga. Kupes Kanu hieß Matahorua. Bei seiner Reise über die See hatte Kupe zusätzlich zu seiner Besatzung seine Frau und seine Töchter mit an Bord. Die Matahorua wurde von einem weiteren Kanu begleitet. Der Tawirirangi. Der Kommandeur dieses Kanus war der Häuptling Ngahue.

Viele, viele Tage glitten die beiden Kanus durch den Pazifik, ohne dass der Anblick einer fernen Küste die Herzen der Reisenden hätte beruhigen können. Die lange Reise erschöpfte sie. Ihr Mut sank. Sie fürchteten zu verhungern und zu ertrinken und deswegen suchten sie verzweifelt den Horizont ab. Als die Mannschaft sich schon in ihr trauriges Schicksal, auf See zu verdurste abgefunden hatte, war es nur noch Kupes Ehefrau die Ausschau hielt. Kuramarotini suchte konzentriert den weiten Horizont ab. Plötzlich rief sie aus: “He ao! He ao!“, “Eine Wolke! Eine Wolke!“ Und sie zeigte auf eine weit entfernte, weiße Wolke. So eine Wolke, die Land verhüllt und die Seeleuten häufig als Wegweiser dient.

Als Kupe die vor Hoffnung leuchtenden Augen seiner Frau sah, warf es das Steuerruder herum und richtet den Bug der Matahorua auf diese Wolke. Je näher sie kamen, desto höher wuchs die Wolke empor. Da die Seeleute die Zeichen der See zu deuten wussten und die heiteren Gesichter ihrer Kinder zu lesen verstanden, erkannten sie, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. “Aotea! Aotea!“, “Die weiße Wolke! die weiße Wolke!“ riefen sie. Und sie vergaßen ihre Müdigkeit und ihren Durst und griffen kräftig in die Ruder. Und plötzlich erschien unter dem wattigen Weiß der Wolke ein dunkler Streifen von bewaldeten Hügeln und Tälern. Da wußten sie, dass sie das Land erreicht hatten, das sie in ihren Träumen gesehen hatten und für dessen Entdeckung sie bereit gewesen waren, dem Tod in die Augen zu sehen.

So also wurde Neuseeland vor vielen Jahrhunderten als „Aotea“ bekannt. Kupe nannte die Nord Insel „Aotearoa“ – die Lange weiße Wolke. Und bis heute nennen Europäer, die es so sehr lieben alte Namen zu benutzen Neuseeland Aotearoa.

Was ist dran am Kupe Mythos über die Entdeckung Aotearoa’s?

Das ist eine Kurzfassung der Maori Legende über die Entdeckung Neuseelands. In der längeren Fassung kämpft Kupe gegen Te Wheke-a-Muturangi einen Riesenoktupus, begegnet dem Moa Vogel, entdeckt Pounamu, die grünen Jade, und durchsteht viele wilde Abenteuer.

Dass dieses Maori Märchen von europäischen Siedlern und deren Nachfahren , den Pakeha in Neuseeland, gerne erzählt werden, leuchtet sofort ein. Denn sie enthalten viele Motive, welche die Pakeha aus europäischen Erzählungen kennen. Ganz einfach deswegen, weil diese Legende dem Motiv der Heldenreise folgt. Viele Europäer kennen diese abenteuerlichen Fahrten und Wanderungen, auf denen starke Männer sich beweisen müssen, zum Beispiel Herkules oder Odysseus. Auch wenn diese – anders als Kupe – nicht gegen eine Riesenkrake mit Namen Te Wheke-a-Muturangi sondern gegen Skylla und Charybdis oder die Sirenen kämpft. Heldenreisen sind seit der griechischen Antike, seit Homer, die Grundlage des Erzählens in Europa und der westlichen Welt.

Besonders faszinieren die Maori Märchen über die Entdeckung der Aotearoa’s aber, weil sie den polynesischen Entdeckern Neuseelands Namen geben: Kupe und Ngahue. Die Entdeckung Neuseelands ist so keine anonyme Leistung eines Kollektivs. Vielmehr werden zwei Persönlichkeiten zu Entdeckern erklärt. Genauso wie aus europäischer Perspektive Kolumbus und Vespucci Amerika entdeckten. Und genauso wie Able Tasman und besonders James Cook Neuseeland auf die Landkarte brachten. Tatsächlich wird mit der Maori Legende von Kupe und Ngahue die Entdeckung Neuseelands in die Herrscher-Perspektive Europäischer Geschichtsschreibung eingepasst. Nach dem Motto: “Ein Mann, eine Tat“

Von Maori und Moriori

Für die Pakeha bot die Vorstellung, dass Neuseeland um 950 unserer Zeit zuerst von den Moriori entdeckt wurde und die Maori erst um 1350 mit einer großen Flotte vor Aotearoa ankerten, einen besonderen Vorteil. Denn nachdem die Maori Neuseeland entdeckt hatten, begannen sie die Insel zu besiedeln. Die indigenen Moriori wurden vertrieben, deren Land besaßen nun die Maori, die angefangen hatten das Land zu erobern und zu kolonisieren.

Um 1350 verfuhren die Maori mit den Moriori also genauso, wie gut 500 Jahre später die europäischen Einwanderer mit den Maori verfahren sollte. Eine “höhere„, siegreiche Kultur unterwirft die Besiegten, nimmt ihnen das Land weg und zwingt den Verlierer ihren Lebensstil und Ökonomie auf.

Außerdem erzeugt die märchenhafte Vorstellung, der Eroberung durch einen Anführer, ganz besonders aber die zielgerichtete Besiedlung Neuseelands durch die Maori, das Bild einer Nation, die aufbricht, um eine ferne Weltgegend zu unterwerfen und zu kolonisieren. Das Maori Märchen von Kupe und der Entdeckung Aotearoras erzählt die polynesische Geschichte also wie europäische Geschichte und tilgt ganz einfach den Unterschied zwischen europäischer und Maori Kultur und Mentalität.

Märchen, Mythen, Nationalstaat

Tatsächlich handelt es sich bei dieser Geschichte um ein Märchen, das die Maori selber nie erzählt haben. Denn diese Erzählung wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts von dem Gentleman Forscher Stepherson Percy Smith erfunden und dann von der Schulbehörde Neuseelands weiter verfeinert. Die Idee dahinter? Aus den Maori eine Nation, eine klar definierte Gruppe zu formen, die die Maori eigentlich nie waren. Nation ist ihnen ein unbekannter Begriff. Stamm, Sippe, Großfamilie sind die sozialen Gliederungen der Maori. Wobei die Sippe oder der Clan wichtiger sind als der Stamm. Und die Stämme untereinander.

Der Mythos von Kupe bietet aber auch für die Maori etwas: er korrigiert die eurozentrische Perspektive der Entdeckung Neuseelands und nennt anstelle von Tasman oder Cook zum ersten mal zwei Polynesier als Entdecker dieser Inseln. Damit trägt die Geschichte von Kupe dem Umstand Rechnung, dass die Polynesier auf den Weltmeeren schon wagemutige Entdeckungsreisen unternahmen, als die Vorfahren der großen europäischen Entdecker Kolumbus, Veranzano oder Captain Cook noch in die Segelschule auf dem Mittelmeer gingen.

Tatsächlich haben auch die Maori im letzen Jahrhundert angefangen an diese Erzählung von der Schulbehörde zu glauben. Sie haben die Erzählung von der großen Flotte übernommen. Genauso aber den Namen Aotearoa für Neuseeland. Obwohl es diesen einzigen Maori Namen für diese Inselwelt nie gab. Denn die Nordinsel heißt auf Maori Te Ika Maui Fisch des Maui, die Südinsel Te Wai Pounamu Wasser aus Jade … Natürlich ist auch Maui einer der großen, etwas widersprüchlichen Helden in den Legenden der Maori.

Märchen oder Mythen zu nutzen um Nationen zu formen war im Europa des 19. Jahrhunderts weit verbreitet: In Deutschland erledigten das die Brüder Grimm mit ihren berühmten Sammlung von Märchen. In Estland wird der Nationalmythos des Riesen Kalevipoeg aus verschiedenen Sagen und Volksliedern zusammengeschrieben. Ebenso entsteht in Finnland die Kalevala, ein Schöpfungsmythos, der von der Entstehung der Erde, der Pflanzen, der Menschen und des Himmels zu berichten weiß.

Dass das auch in Neuseeland die Neuschöpfung eines Mythos funktioniert hängt damit zusammen, dass dieser künstliche geformte Mythos auf Versatzstücke der Maori Märchen zurückgreift. Erzählungen über Kupe scheinen bei Maori Stämmen an der Cook Straße, an der Nordspitze von Te Ika Maui eine große Rolle gespielt zu haben. Außerdem kann sich jeder Maori, in einer mündlich weiter gegebenen Tradition als Nachfahre auf die Besatzung eines bestimmten Kanus zurückbeziehen, mit dem seine oder ihre Vorfahren in Aoatearoa angelandet sein sollen. So viele Kanus, lassen sich gut zu einer großen Flotte kombinieren.

Warum wurden die Märchen der Maori gesammelt?

Tatsächlich sind die ersten Maori Legenden im zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Vertrags von Waitangi, der heute als Gründungsdokument des neuseeländischen Staatswesens betrachtet wird, gesammelt worden. Aber anstelle das Zusammenleben der Maori mit den Pakeha zu befrieden führte der Abschluss des Vertrags von Waitangi zu weiteren, gewalttätigen Konflikten. Um diese beizulegen, schickte die britische Regierung 1845 George Grey als ersten Generalgouverneur.

Allerdings sah sich Grey außerstande seiner Rolle als Generalgouverneur gerecht zu werden, da er (genau wie die meisten seiner Landsleute) weder die Sitten, Gebräuche, Religion, die Denkweise und die Sprache der Maori kannte noch ansatzweise verstand. Übersetzer lösten diese Problem nicht, weil die Maori Übersetzer im Kontakt mit dem Generalgouverneur Grey nicht akzeptierten.

Also fing Grey an selber Maori zu lernen. Sprachkenntnisse alleine genügten aber nicht um Verhandlungen zu führen, auch der kulturelle und religiöse Hintergrund waren wichtig, vor allem auch deswegen, weil die Maori immer wieder Sprichwörter und Gedichte aus mythologischen Zusammenhängen zitierten, um ihre Haltung zu verdeutlichen. Also fing Grey an, die Überlieferung der Maori zu sammeln und schriftlich zu fixieren. Die Märchen und Erzählungen der Maori waren bis dahin nur mündlich von Generation zu Generation weitergegeben worden. 1885 wurden diese Erzählungen unter dem Namen Polynesian Mythology and ancient traditional History of the New Zealand Race herausgegeben.

Grey’s Informanten waren verschiedene Häuptlingen der Maori, die alle noch selber das Neuseeland ohne Europäer kannten oder aber die mit Maori in Kontakt standen, die vor der europäischen Einwanderung schon auf Aotearoa lebten. Sein wichtigster Informant war der Häuptling Te Rangikāheke, der aus dem Rotorua Distrikt stammt. Te Rangikāheke war ein bedeutender politischer Anführer. Von ihm haben sich zwei Briefe erhalten, die er an Queen Victoria schrieb. In diesen Briefen legt er Victoria nahe, welche Aufgaben ihr Gouverneur in Neuseeland zu erfüllen habe.

Wovon erzählen die Märchen und Legenden der Maori?

Es gibt zwei besonders große Gruppen von Geschichten. Die Korero Tupuna erzählen von den Vorfahren, Göttern und Menschen. Sie beziehen sich auf die Zeit vor der Wanderung nach Neuseeland und spielen in Hawaiki, der mythischen Heimat der Maori. Dazu gehört der Schöpfungsbericht, der Maui Zyklus, der davon erzählt wie aus Göttern Menschen werden, Geschichten über Tapu zum Bespiel das Inszest-Verbot.

Die zweite Gruppe, die Wandergeschichten, erzählt von der Wanderung nach Neuseeland. Auf den Hauptfiguren dieser Erzählungen und auf den Namen der Kanus bauen die Stammbäume der Stämme und Sippen auf.

Wann wurden die Legenden bei den Maori erzählt?

Eigentlich immer dann, wenn eine größere Gruppe von Menschen im Versammlungshaus über Nacht zusammen kamen. Meist zu besonderen Anlässen: Heirat oder Todesfälle.

Zuhören kann in den Versammlungshäusern jeder. Aber erzählen tun meist nur die Männer. Der Erzähler darf dem Anlass entsprechend die Geschichte verändern und ausschmücken. Er muss aber damit rechnen von seinen Zuhörern kommentiert und kritisiert zu werden. Der Erzähler muss auf seine Zuhörer reagieren und ihre Einwürfe in seine Geschichte einbauen. So wird jede Erzählung zu einer einmaligen Darbietung.

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Der Entdecker Kupe mit einem Ruder in der Hand.
Einer der Entdecker von Aotearoa, Kupe.