Rotorua – Ein Kurort in Neuseeland
Rotorua ist für Neuseeland eine ziemlich ungewöhnliche Stadt, denn anders als die anderen europäischen Städte in Neuseeland wurde Rotorua nicht an der Küste als Hafenstadt und auch nicht als Siedlung von Pionieren und Holzfällern an einem Fluss gegründet. Rotorua ist als ein Kur- und Ferienort entstanden. Der Vulkanismus der Taupo-Region, also rund um den Taupo-Supervulkan, dessen letzter Ausbruch vor gut 1800 Jahren so gewaltig war, dass er sogar im fernen China und noch ferneren Rom registriert wurde, macht dass möglich. Als Touristen-Ort ist Rotorua immer noch sehr erfolgreich. Jährlich gibt es über 3 Millionen Hotel-Übernachtungen.
Rotorua liegt auf dem pazifischen Feuerring. Bis in die jüngste Vergangenheit ließen vulkanische und geothermische Aktivität fantastische Landschaften entstehen, die um 1900 Besucher sogar aus dem fernen Europa anlockten, die mussten ja irgendwo schlafen. Also entstanden im heutigen Rotorua die ersten Hotels. Außerdem konnten sich die Reisenden in heißem mineralischen Schlamm und Wasser herrlich gesund baden. Deswegen entstanden bald die ersten Kurhäuser in einem prächtigen Retro-Tudor-Stil mit Fachwerk, Veranden und Satteldächern.
Baden geht in Rotorua immer noch. Aber die Pink and White Terracces, die mal als 8. Weltwunder betrachtet wurden, hat der Vulkanismus genauso wieder genommen, wie er sie gegeben hat. 1886 explodierte der Tarawera Vulkan und verschüttete diese berühmten Sinter-Terrassen ganz einfach unter sich. Heute liegen die ehemaligen Sehenswürdigkeiten tief im See Rotomahane oder sind sonstwie verschüttet, wer weiß das bei solchen Naturkatastrophen schon genau. Entstanden ist damals allerdings das Waimangu Tal, die jüngste vulkanische Landschaft der Welt, unbedingt sehenswert.
Rotorua, die Heimat von Hinemoa und Tutanekai
Auch Rotorua ist vom Vulkanismus geprägt. Das riecht jeder, der die Stadt betritt, sofort. Denn überall liegt dieser faulige Eier-Geruch in der Luft. Schwefel-Irgendwas, das erst einmal den Atem stocken lässt. Aber schon nach ein paar Stunden Aufenthalt hat sich die Nase an dieses Aroma gewöhnt und Kleidung, Körper und Haar haben diesen Duft selbstredend auch angenommen.
Rotorua liegt ganz zauberhaft an den Ufern des gleichnamigen Sees, der mit einer Fläche von 80 Quadratkilometern der zweitgrößte See Neuseelands ist. Auch dieser See ist vulkanischen Ursprungs, also eine große Caldera, die sich nach dem Erlöschen des Vulkanismus mit Wasser füllte. Mokoia Island die kleine Insel im Zentrum des Sees ist ein Überbleibsel des Vulkanschlots.
Zwischen Insel und Seeufer spielt eine der berühmtesten Maori-Legenden. Nämlich die Liebesgeschichte von Hinemoa und Tutanekai. Die Geschichte ist schnell erzählt: Girl meets boy und weil sie ihn nicht vergessen kann, schwimmt sie – angelockt von seinem magischen Flötenspiel – 3200 Meter über den See. In der Langfassung gibt es noch die ein oder andere Verwirrung, das ein oder andere Hindernis. Am Ende aber sind alle glücklich und vereint.
Stippvisite in Ohinemutu
Deswegen gibt es in Rotorua ein Hinemoa Street und ebenso eine Tutanekai Street, die an diese reizende Geschichte erinnern. Direkt am See liegt das Maori Dorf Ohinemutu. Um ein Marae sind die wichtigsten offiziellen Gebäude errichtet. Dazu gehört eine Kirche, die Innen wie ein Maori Versammlungshaus ausgestattet ist. Besonders beeindruckend ist der ins Glas gefräste Christus, der über das Wasser des Lake Rotorua zu schreiten scheint.
Am Ausgang der Kirche wartet Jane, eine ältere Dame mit eleganten grauen Haaren. Sie steht an der Tür, um die Besucher anzuhalten, einen angemessenen Obolus in der Spendenbox verschwinden zu lassen. Als Jane hört, dass ich aus Deutschland komme, fängt sie ganz engagiert an von Chancellor Merkel zu schwärmen, wie wichtig es sei, dass Frauen in solchen mächtigen Postionen seien aber in Neuseeland sei das ja schon länger möglich. Immerhin hat Neuseeland mit Jacinda Ardern die 3. Premierministerin und ist ja sowieso das erste Land, in dem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, nämlich 1893! Aber zurück nach Ohinemutu.
Vor der Kirche ist eine bunte Gedenksäule für die englische Königin Victoria aufgestellt und aus den Vorgärten der kleinen Häuser rund um den Platz steigt Dampf aus Ritzen und Rohren. In Rotorua braucht es nur ein Loch im Boden und schon strömt an vielen Stellen heißer Thermal-Dampf. Hausbesitzer haben sich dieses Phänomen zu nutze gemacht und die Heizung, die Heißwasseraufbereitung oder den Küchenofen mit der kostengünstigen Thermal-Energie befeuert. Das ging so lange gut, bis den Geysiren im Te Puia, für die Rotorua weltberühmt ist, die Luft beziehungsweise der Dampf ausging.
Das Tal der Geysire in Rotorua
Die Geysire sind die Hauptattraktion in Rotorua. Nirgendwo gibt es eine größere Anzahl von Geysiren, außer im Yellowstone Nationalpark und im Dolina Geiserow. Als die Aktivität der Geysire immer mehr abnahm und schließlich ganz zu versiegen drohte, wurde das illegale Anzapfen der Thermal-Energie unterbunden. Die Geysire konnten zu alter Kraft zurück finden aber von ehemals 65 Geysiren sind nur noch 7 tätig.
In Rotorua brodeln die Geysire im Whakarewarewa Tal. Dieses Tal und die darum liegenden Areale gehören verschiedenen lokalen Maori Iwis (Stämmen), die das Gebiet gemeinsam bewirtschaften. Dazu haben sie Te Puia, das Zentrum für Maori Kultur in Neuseeland und geothermische Wunder, 2017 von der neuseeländischen Regierung übernommen. In Te Puia gibt es Schulen, in denen das traditionelle Wissen um Webkunst, Holzschnitzerei, Jadeverarbeitung und Tätowierung an junge Maori weitergegeben wird. Diese Künste sind deswegen so wichtig, weil sie die Medien sind, in denen die Kultur aber auch die Geschichte der Maori gespeichert und weitergegeben wird.
Das alles erzählt mir Justin, ein großgewachsener, kräftiger Maori, der in Te Puia als Guide arbeit. Sein Urgroßvater hatte vor langer Zeit die Gegend um Würzburg verlassen, weil er kein Weinbauer werden wollte. Ihn lockte das Abenteuer, deswegen brach er auf nach Übersee ins damalige Deutsch Samoa. Dort heiratete er eine Samoanerin, deren Sohn wiederum sich auf den Weg nach Neuseeland machte und dort eine Maori heiratete. Eine ziemlich verworrene aber vor allem eine globale Wander-Geschichte.
Pohutu und der Price of Wales
Justin zeigt mir auch den Pohutu Geysir, den größten Wasserspucker Neuseelands, der ziemlich regelmäßig eine gewaltige Fontäne in 30 Meter Höhe schießt. Viel kleiner dagegen ist der Te Tohu Geysir in unmittelbarer Nachbarschaft zum Pohutu Geysir. Immerhin spritzt der sogenannte Prince of Wales Geysire 7 Meter in die Luft. Seine 3 Fontänen erinnern manchen an die 3 Federn im Wappen des Prince of Wales, daher der Name. Als der Pohutu Geysir plötzlich pumpend und zischend los legt, stehe ich in einer dichten Regenwand. Das Wasser ist lauwarm, macht also nichts, dass ich ziemlich nass werde.
Es dampft überall. Der Boden ist überall warm und als ich mich auf eine Steinstufe setze, verbrenne ich mir fast den Hintern. Geht irgendwie nicht in meinen Kopf, dass diese Wärme, der enorme Wasserdruck und die gewaltigen Fontänen ein Hinweis darauf sind, dass der Boden unter meinen Füßen ziemlich dünn ist. Und dass die Geysire im Whakarewarewa Tal Zeugnis davon geben, was im glühend heißen Erdinneren so alles vor sich geht.
Etwas tiefer im Tal liegen große Schlammtöpfe, in denen vulkanischer Schlamm spritzt und blubbert. Auch sehr beeindruckend und besonders praktisch. Denn der vulkanische Schlamm lässt sich – abgefüllt in Dosen und Tüten – als Naturkosmetik teuer vermarkten. Das Whakarewarewa Tal ist einen mythische Landschaft. Überall dampf, blubbert oder brodelt es, Nebelschwaden hängen in der Luft. Diese Landschaft sieht aus wie eine Hexenküche, faszinierend!
Natur in Rainbow Springs
Die geheimnisvolle Landschaft passt gut zu Neuseeland. Denn diese abgelegene Weltgegend wurde als letze von Menschen entdeckt und besiedelt. Erst vor gut 800 Jahren landeten die ersten Einwanderer hier. Sie drangen in eine einzigartige Welt vor, die fast ausschließlich von tollpatschigen Vögeln bewohnt wurde. Viele von denen endeten in den Kochtöpfen der Maori oder wurden von den mitgebrachten Ratten und Hunden aufgefressen. Auf diesem Weg wurden viele Vogelarten Neuseelands ganz einfach ausgerottet, andere sind vom Aussterben bedroht, deswegen wird versucht, zu retten, was zu retten ist.
Der kleine Naturpark Rainbow Springs hat sich genau das auf die Fahnen geschrieben. Rainbow Springs ist einer privaten Initiative zu verdanken. Als der Tourismus in Rotorua noch in den Kinderschuhe steckte, legte Ted Bruce einen Campingplatz mit Forellenteich, deswegen Rainbow Springs, sowie einen Park voller einheimischer Pflanzen an. Von diesen Anfängen hat sich der Park zu einem kleinen Tierpark entwickelt. Heute wird auch Rainbow Srings von der Ngai Tahu Holdings, einem Milliarden schweren Maori Unternehmen, geführt.
Den Forellenteich gibt es noch. Dazugekommen sind Gehege für Vögel, in denen verschiedene endemische Vögel aus Neuseeland Unterschlupf gefunden haben. Zum Beispiel der Waldpapagei Kea oder der musikalische Tui. Außerdem kann die seltene Tuatara Echse, ein lebendes Fossil mit 3 Augen, bewundert werden. Der Höhepunkt im Rainbow Springs Park ist der Besuch im Kiwi-Haus.
Kiwi & Co
Die Kiwi, super flauschige, flugunfähige und nachtaktive Vogel mit Barthaaren und Nasenlöcher an der Spitze des langen Schnabels, sind die Nationalvögel Neuseelands. Wie so viele einheimische Vogelarten sind auch die Kiwi vom Aussterben bedroht. Aber als nationale Ikone können die Kiwi sich größter Aufmerksamkeit erfreuen, was dazu führt, dass der Kampf ums Überleben dieser Vogelart mit riesigem Aufwand betrieben wird. So ein Kiwi-Haus ist ein wichtiger Baustein in der Überlebens-Strategie. Dort werden nämlich Kiwi-Eier ausgebrütet und die frisch geschlüpften Küken so lange gepäppelt, bis sie sich im Unterholz der freien Wildbahn gegen bösartige Fressfeinde zu Wehr setzten und somit überleben können.
Die aggressiven Fressfeinde der Kiwi wurden erst von den Menschen nach Neuseeland eingeschleppt. Wiesel, Frettchen, Possum und Co. haben ein leichtes Spiel mit den Kiwi, die auch angesichts eines Feindes nicht wegfliegen können, aber auch nicht weglaufen mögen. Der Kiwi friert einfach seine Bewegungen ein und hofft, dass die Gefahr schon vorüberziehen werde. Im Vorteil ist klar das Raubtier, das sich von dieser Tarnkappe nicht täuschen lässt.
Einem Kiwi in der wilden Natur zu begegnen, ist eher unwahrscheinlich. Einmal weil es nur noch so wenige gibt und zweitens, weil Kiwi nachtaktiv sind. Und wer kraxelt schon nachts gerne durchs Gebüsch? Eben! Im Kiwi-Haus aber ist der Tag zur Nacht gemacht und die ausgeschlafenen Vögel flitzen auf der Suche nach Frühstück aus Würmern, gammeligen Früchten und Insekten hinter einer Glasscheibe hin- und her. Davor drücken sich die ehrfürchtigen Besucher die Nase platt.
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Governments Gardens in Rotorua
Aber irgendwann habe ich sogar von den possierlichen Kiwi Vögeln genug. Ich fahre hinunter an den Lake Rotorua und mache einen entspannten Spaziergang am Seeufer, bis zum Government Garden, eine echte englische Gartenlandschaft, die ihren Ursprung in der Kolonialzeit nicht verbergen kann. Auch das prächtige Gebäude des Rotorua Museums steht in europäischer Tradition.
Jetzt wäre es nur ein kurzes Stückchen Weg bis zum berühmten Polynesian Spa. Aber ich steh nicht so auf Beauty-Baden, deswegen kehre ich wieder um. Ich bin hungrig und suche mir ein Restaurant. Das Terrace Kitchen hat mir gut gefallen. Dort gibt es eine freundlich Fusion-Küche mit europäischen und asiatischen Wurzeln, ein schnörkelloses Ambiente und vor allem die berühmte laid-back attitude. Bei einem Glas neuseeländischem Weißwein lass ich den Tag Revue passieren. Was soll ich sagen, ich habe viel erlebt in Rotorua. Morgen fahre ich in das Waimangu Tal, um noch tiefer in die Geheimnisse der Vulkanismus und des pazifischen Feuerrings einzutauchen.