Matakohe: ein Kauri-Museum aber kein Kauri-Baum
Hier wucherte also mal die grüne Hölle. Undurchdringlich, schattig, kühl und feucht. Muss ich mir alles in der Fantasie und beim Besuch im Kauri Museum zusammen basteln. Denn heute lassen sich in Matakohe keine Spuren mehr finden vom neuseeländischen Busch und seinen 1000-jährigen Baumriesen mit diesen seltsamen Namen wie dem Kauri-Baum oder dem Totara oder der Kahikatea, auch nicht von der Nikau Palme, dem Miro-Baum oder den urtümlichen Baumfarnen. Alles weggehauen!
Heute schaue ich in Matakohe über die sanften grünen Hügelketten einer etwas eintönigen und langweilige Weidelandschaft. Das muss eine ziemliche Pionierleistung vierschrötiger Männer und robuster Baumfäller gewesen sein, den wilden und rauen Norden Neuseelands in diese friedliche und harmlose Nutzlandschaft zu formen.
Länger als 100 Jahre hat diese Transformation allerdings nicht gedauert. Unterstützt von dampfbetriebenen Sägemühlen und modernen Dampfloks des 19. Jahrhunderts ließen sich die Baumgiganten ruckizucki, im industriellen Maßstab zu begehrtem Bauholz für die schnell wachsenden Städte Neuseelands und die Schiffe der britischen Flotte zerkleinern und bis zur Küste transportieren. Übrig blieben die leer geräumten Hügel, die wegen der mageren Böden nur als Weiden taugen. Also kamen die Kühe.
Das Museumsdorf Matakohe
Richtig einsam ist es hier. Die Millionen-Stadt Auckland ist zwar nur wenige Autostunden entfernt, gefühlt aber bin ich am Ende der Welt angekommen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Matakohe ein verlassener Ort zu sein scheint. In der Zeit der Pioniere und der Baumfäller muss das anders gewesen sein. Damals war der Ort eine Art zentrales Versorgungszentrum für die Gegend – wie es sie in Neuseeland an vielen Stellen heute noch gibt – mit Post, Schule, Kirche und Friedhof. Es muss hier zugegangen sein wie im Taubenschlag.
Inzwischen ist der kleine Ort in ein reizendes Museumsdorf verwunschen worden. Also eher ziemlich ruhig. Die Kirche, die Schule, die Post und der Friedhof sind noch da und es gibt sogar ein kleines Café. Das ist sogar ein sehr guter Stop für einen Mini-Lunch, Tomatensuppe mit gegrilltem Käse-Schinken-Toast zum Beispiel.
Das Kauri-Museum von Matakohe
Die besondere Attraktion aber ist das Kauri-Museum. Hier dreht sich natürlich alles um den Kauri-Baum. Also es dreht sich besonders darum, was sich mit dem Holz dieses Baumes so alles anstellen lässt. Die Ausstellung des Kauri-Museum beschäftigt sich dabei nur mit der industriellen Nutzung des Kauris durch die europäischen Einwanderer und Siedler und beginnt irgendwann im 19. Jahrhundert. Welche Rolle der Kauri-Baum in der Maori Kultur spielt, bleibt unerwähnt. Ich finde das auch nachvollziehbar, denn für die europäischen Kolonisten und Siedler stellten die Urwälder des Nordlandes ausschließlich eine wirtschaftlich auszubeutende Ressource dar, mit deren Erträgen sich die junge Kolonie finanzierte. Andere Rohstoffe als Holz gab es Mitte des 19. Jahrhunderts in Neuseeland eben nicht.
Das Kauri-Museum in Matakohe ist ein liebevoll eingerichtetes Themen-Museum, das nach meinem Eindruck anscheinend nur von Frauen gemanagt wird. An der Kasse, bei den Führungen durch die Ausstellung, bei der Einrichtung der Displays und im Shop des Kauri-Museums sehe ich nur Frauen.
Der Kauri-Baum als Ressource
Die Ausstellung des Kauri-Museums ist systematisch aufgebaut. Im ersten Raum geht es darum, was den Kauri-Baum so begehrenswert machte. Da ist einmal die enorme Größe und die riesige Menge Holz, die so ein Baum liefert. Dieses Holz ist hart und dennoch flexibel, es besitzt eine sehr schöne Maserung und keine Astlöcher. Damit ist Kauri Holz ideales Baumaterial für Häuser, Schiffe und Möbel, sogar Teegeschirr lässt sich aus dem Holz des Kauri machen, erfahre ich in der Ausstellung des Kauri-Museums.
Blöderweise braucht ein Kauri-Baum hunderte von Jahren, um dieses qualitätsvolle Holz zu produzieren. Schnell wird in der Ausstellung klar, dass die rigorose Abholzung der neuseeländischen Urwälder die rücksichtslose Ausbeutung einer nicht nachwachsenden Ressource war. Nachhaltigkeit sieht anders aus.
Ein weiterer begehrter Rohstoff, den die Kauri Bäume lieferten, war ihr Harz. Aus diesem Harz ließen sich Linoleum herstellen und tolle Polituren für Möbel und Fußböden. Zuerst sammelten Gum-Picker dieses Harz in großen Tropfen vom Urwald-Boden ein. Als diese Ressource ausgeschöpft war, wurde begonnen die Bäume anzuzapfen, um an das Harz zu kommen. Bildhaft wird in der Ausstellung vorgeführt, wie die Bäume von Holzfällern malträtiert wurden, um an den wertvollen Rohstoff zu gelangen. Überhaupt finden sich immer wieder Zeugnisse für die raue Lebenswirklichkeit der Holzfäller und der Pioniere in der gesamten Ausstellung. Sogar eine Sägemühle ist im Kauri-Museum nach gebaut.
Nostalgie pur! Eine Reise in die gute, alte Zeit
Ungewöhnlich sind die vielen Period-Rooms, die es im Museum gibt. Detailverliebt und mit reichhaltiger Requisite werden Räume und Szenen nachgebildet, die das Leben um 1900 nachbilden sollen. Da zieht ein rabiater Zahnarzt einem schreienden Patienten den Zahn. Auf der Post vermittelt eine grauhaarige Telefonistin ein Telefongespräch. Ein übergewichtiger Bankangestellter prüft sorgfältig eine riesige Pfund-Note. Im Schulgebäude von Matakohe kann ich die Regeln nachlesen, die das Leben der Lehrerinnen ordneten, zwei Petticoats übereinander waren Pflicht! Das ist alles rührend und verspielt. Mir ist das aber etwas zu naiv nostalgisch.
Mir gefallen aber besonders die schönen Jollen und Ruderboote, die aus dem Holz des Kauri-Baums gezimmert worden sind. Auch die vielen Modelle für Gussformen aus hartem Kauri-Holz schaue ich mir mit Begeisterung an. In einer Ecke steht ein überraschendes Butterfass, natürlich aus Kauri-Holz. Es ist so groß, dass eine Hobbit-Familie sich ein bequemes Zuhause in diesem Fass einrichten könnte. Es stammt aus einer Zeit als Neuseeland die Molkerei Großbritanniens war. Der Butterkonsum dort muss gewaltig gewesen sein.
Lohnt sich der Besuch im Kauri-Museum von Matakohe?
Die Ausstellung im Kauri-Museum führt mir eindrücklich die wirtschaftliche Bedeutung der Ressource Urwald und Natur für die europäischen Siedler und Pioniere aus der Kolonialzeit vor Augen. Ich kann nach dem Besuch viel besser verstehen, wie sich das pragmatische Verhältnis zur Bewirtschaftung der Natur in Neuseeland entwickeln konnte. Außerdem wird mir vor Augen geführt, wie kurz die Zeitspanne ist, in der europäische Einwanderer Neuseeland besiedeln. Erst zu Ururgroßvaters Zeiten nahm die Kolonisierung Neuseelands richtig Fahrt auf.
Diese vielen Eindrücke und Anregungen machen den Besuch im Kauri-Museum in Matakohe zu einem wichtigen Stop auf meiner Neuseeland Tour. Ich habe nach dem Besuch den Eindruck, dass ich Neuseeland jetzt etwas besser verstehe. Im Shop des Kauri-Museums von Matakohe gibt es übrigens Objekte aus Kauri Holz zu kaufen. Kauri Bäume dürfen in Neuseeland in der Regel nicht mehr gefällt werden, deswegen sind die Schalen oder Bretter aus steinaltem Sumpf-Kauri oder noch vorhandenen alten Holzbeständen hergestellt. Richtig tolle Souveniers!
Auf der Website des Museums gibt es alle wichtigen Informationen, um den Besuch im Kauri Museum vorzubereiten. Der größte und wahrscheinlich auch älteste Kauri auf Neuseeland ist der Tane Mahuta, der im Waipoura Forest wächst. Das ist ganz in der Nähe, deswegen solltest Du den Kauri Baum Tane Mahuta auf jeden Fall besuchen.
Wenn Du mehr über Neuseeland erfahren möchtest, solltest Du nicht verpassen diese Artikel zu lesen:
- Vom Kauri Baum Tāne Mahuta
- Die Holzhäuser von Riga – Bedrohtes UNESCO Welterbe
- Queenstown – Adrenalin pur am Lake Wakatipu
- Franz Josef Gletscher – Klimawandel im Regenwald
- Moeraki Boulders – Naturwunder in Neuseeland
- Das Waimangu Volcanic Valley – Heiße Quellen bei Rotorua
- Bay of Islands und der Treaty of Waitangi in Neuseeland
- Australien Reiseberichte