Göteborg – Wie entdecken?
Wer einen Kurztrip in eine neue Stadt macht, muss sich stets entscheiden. Will ich an jeder Sehenswürdigkeit einmal vorbei laufen? Oder suche ich mir einige wenige Highlight aus und nehme eine Tiefenbohrung vor? So ging es uns in Göteborg, der zweitgrößten Stadt an der Westküste des Landes. Natürlich haben wir beim Kaffeebesuch in Haga das entspannte Treiben genossen und dazu Kanelbolla, also Zimtschnecken, in Kindskopfgröße verputzt.
Göteborg und seine Schärengärten
Schären. Als Kind hatte ich das Wort falsch abgelegt, tatsächlich unter Schneidewerkzeuge. Klar, die Scheren. Vielleicht sind die Steine der kleinen felsigen Landschaftsformen so scharf, dass man sich dran schneiden kann… Einige Jahre später dachte ich, die Schären gibt’s nur vor Stockholm. Heute muss ich immer noch schmunzeln, wenn ich an diese naiven Verwirrungen denke. Und natürlich statte ich bei meinem jüngsten Besuch in Schweden auch dem Schärengarten vor Göteborg eine Besuch ab. Unvorstellbare 10.000 Schären sollen sich hier versammeln. Vor Stockholm sind es mit 30.000 Schären noch dreimal so viele.
Die Schären entstanden am Ende der Eiszeit, als die schmelzenden Inlandseismassen über das Gestein flossen und diese abschliffen. Einige Schären sind mit wenigen Quadratmetern nicht mehr als unbewohnte Felsformationen, andere sind bis zu einigen Quadratkilometern groß. Ein typisches Bild, dem wir auch bei unserem Besuch im nördlichen Schärengarten von Göteborg begegnen, sind kleine rote Sommerhäuser inmitten der grau-kahlen oder zart bemoosten Steinlandschaft.
Die Selbstverständlichkeit, mit der die Göteborger ihr Leben zwischen Festland, Wasser und Inseln gestalten, bildet sich auch im Fährverkehr ab. Routiniert, in schneller Taktung und natürlich kostenfrei transportieren die Schiffe Fußgänger, Radfahrer und Automobile hin und her. Wir setzen von der Straße 155 aus über nach Hönö. Von hier geht es in explorativen Schleifchen nach Öckerö und Hälsö, die alle über Brücken miteinander verbunden sind. Eine zweite Schleife führt zurück nach Hönö und von dort rüber nach Fotö, der kleinsten der vier hier genannten Schären.
Die Dimensionen kommen einem vor wie im Legoland. Gerade, wenn man zuvor vielleicht kreuz und quer und viel durch Schweden gefahren ist und sich an die Größendimensionen dieses weiten, offenen Landes gewöhnt hat. Hier sind wir kaum auf der einen Insel drauf, schon wieder auf der nächsten. Interessant ist, dass viele einheimische Verkehrsteilnehmer auf den kurzen Strecken alles aus ihren Kleinwagen und Rollern rausholen und so richtig Gas geben. Das kenne ich schon von Gibraltar. Je kürzer die Strecken und je kleiner der Raum, desto mehr wird gerast. Ich finde das albern. Aber was versteh ich schon von der Faszination des Bleifußes und von Autos.
Ein Besuch im Volvo Museum von Göteborg
Göteborg liegt direkt an der Mündung des Götaälv, die weit ins Landesinnere hineinreicht. Bei dem Versuch, die Brücken zu zählen, die wir auf dem Weg zum Volvo Museum überquert haben, bin ich schon bald aus der Kurve geflogen. Zum Glück nur im übertragenen Sinne, die Straßen sind fantastisch ausgebaut und gut beschildert. Dennoch glaubten wir oft, uns verfahren zu haben. Kann es wirklich sein, dass das Museum von Schwedens bekanntester Automarke inmitten des Industriehafens liegt?
Tatsache, wir sind richtig. Als ich auf dem Parkplatz stehe und auf das riesige voll verglaste Gebäude guck, habe ich wieder einen naiven „Scheren“-Moment überwunden und es wird hell im Köpfchen. Klar, das sind ja keine Spielzeugautos, die hier gezeigt werden, entsprechend braucht ein solches Haus viel Platz. Und freie, verfügbare Fläche ist in der Innenstadt ja immer so ein Thema. Volvo hat sich hier ganz schön breit gemacht. Das Innere überzeugt, gleich der Einstieg in die Dauerausstellung und das Storytelling der Gründungsgeschichte entfaltet eine starke Sogwirkung.
Natürlich begann die Erfolgsgeschichte von Volvo bei einem geselligen Essen mit viel Fisch und Schnaps. Ich habe wirklich keine Ahnung von Autos. Modellnamen sagen mir nichts, PS-Zahlen beeindrucken mich nicht und fragt mich jemand, was ich für ein Auto habe, sage ich, ein silber-graues. Dennoch habe ich mich prächtig unterhalten gefühlt und viel mitgenommen. Gerade die alten Modelle sind vom ästhetischen Standpunkt her hübsch anzuschauen. Schöne Kurven ziehen einfach immer. Selma Lagerlöffs Limousine ist genauso ausgestellt wie alte Busse, Feuerwehrautos und Polizeiautos und sogar ein Volvo aus Lego.
Mein absolutes Highlight im Volvo Museum war der Raum rund um das Volvo Ocean Race und seine historische Entwicklung von den Anfängen bis heute. Mit diesem Engagement demonstriert seine natürliche Affinität zum Wassersport und zeigt nebenbei, was sie so drauf haben. Die Segelyachten dieses seit 1973 stattfindenden Spektakels sind die leichtesten und schnellsten der Welt. Vergleichbar mit Formel eins Rennwagen. Die Leistung der internationalen Teams wird erfahrbar, wenn man sich in ein Modell eines solchen Bootsrumpfes begibt. Den Spitzensportler, die sich auf diesen zugleich entbehrungsreichen und lohnenswerten Wahnsinn einlassen, gilt mein voller Respekt. Das Gegenteil schwedischer Gemütlichkeit.
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Service-Tipps für Göteborg
Einen Museumsbesuch solltet ihr gut in eure Tagespläne eintakten, denn die Öffnungszeiten sind – wie ich finde – in den meisten Häusern kurz. Auf der Seite des Volvo Museums findet ihr nicht nur alles zu Anfahrtsweg und Öffnungszeiten, sondern auch Infos zu temporären Ausstellungen. Den Eintrittspreis finde ich mit 100 SEK für Erwachsene 25 SEK für Kinder bis 15 Jahre und 50 SEK für Jugendliche voll okay. Es gibt auch Gruppentickets und Familienkarten. Von der Göteborger Innenstadt aus fahren auch regelmäßig Busse zum Museum.
Du bist auch mit dem Auto in Schweden unterwegs und machst einen Abstecher und Kurztrip nach Göteborg? Dann empfehle ich dir eine Unterkunft zu buchen, bei der du es möglichst kostengünstig oder gar umsonst abstellen kannst. Denn Göteborg ist flächendeckend parkraumbewirtschaftet und das kann ganz schön ins Geld gehen. Für einen Ausflug auf die Schären und zum Volvo Museum ist alles super, da gibt es jeweils entspannte Parkmöglichkeiten. Für längere Aufenthalte in der Innenstadt und Altstadt ist das Auto schnell ein Groschengrab-Klotz am Bein. Völlig ohne Kleingeld geht das Einchecken an skandinavischen Parksäulen zum Beispiel mit der App von Easypark für Android und iOS.